Bikefitting

Ein gutes Bikefitting erkennt man u.a. daran, dass zu Beginn eine umfangreiche Voruntersuchung (Dauer etwa 40 min.) stattfindet, die als Erkenntnisquelle in definierten Ablaufschritten wichtigen Dateninput liefert. In der Medizin bezeichnet man diesen Vorgang Anamnese. Beginnend mit einem Interview wird zunächst die radsportliche Vorgeschichte abgefragt. Dem schließt sich die Körpervermessung an, deren Daten ins Softwareprogramm eingespeist werden. Mit Tests zur Beweglichkeit wird die erste Phase des Bikefittings abgeschlossen.

Phase I - Vorabuntersuchung

Bereits bei der umfassenden Vorabuntersuchung, bekommt der Kunde interessante Einblicke in das anerkannte Testverfahren, wie vielschichtig das biomechanische Zusammenspiel von Mensch & Maschine in Wirklichkeit ist. 

Systematisch werden alle relevante Daten im Analyseprogramm erfasst.

Ablaufplan

  • Interview (Vorbesprechung)
  • Voruntersuchung (ca. 40 min.) - danach auf's Rad steigen
  • Marker für Sensorenfixierung setzen (ca. 10 min.) 
  • Pedal (Kurbel) finden (ca. 5 min.)
  • Fahranalyse
  • Bikefitting (ca. 60 min.) - danach vom Rad absteigen, Entkabelung
  • Zinnen (digitale Rahmenvermessung)
  • Report

Am Beginn der Voruntersuchung informiert sich Fitter-Spezialist zunächst darüber, was für ein Radfahr-Typ der Proband ist und hinterfrägt seine persönlichen Ziele und Bedürfnisse.

 

               

Body Geometry Bike-Anpassung    

Voruntersuchung

  • Messung der Sitzbeinhöcker
  • Vorfusswinkel im Knien
  • Rückfuß-Statik
  • Beinachsen
  • Waagrechter Beckenstand
  • Wirbelsäulenkurvatur
  • Schulterblattposition
  • Wirbelsäulenbeugung
  • Nackenbeugung- und Nackenstreckung
  • Schulterstreckung
  • Fussrotation
  • Gestrecktes Bein anheben
  • Hüftbeugung
  • Fussgelenkbeweglichkeit
  • Beinlängenvergleich
  • Vergleich der Schienbeingenauigkeit
  • Thomas-Test
  • Drittel-Kniebeuge

Body Geometry Fit-Anpassung (Rennrad)

  • Sattelauswahl
  • Neutrale Clead-Position
  • Kniewinkel
  • Sattelversatz
  • Schulterbreite
  • Reichweite & Überhöhung (Reach & Drop)
  • Lenkerdrehung & Bremshebelposition
  • Hüftwinkel
  • Untersuchung der Z-Ebene
  • Anpassung der Schienbeinlänge
  • Anpassung der Oberschenkellänge
  • Fussgewölbestütze
  • Vorfusskeile
  • Standbreite
  • Abschluß und Nachfolgetermin

Body-Screening

Das Body-Screening versucht Bewegungseinschränkungen und muskuläre Dysbalancen aufzuspüren. Dabei kommen auch orthopädische Aspekte zur Sprache. Die Ergebnisse werden protokolliert. Die strukturierte Bestandsaufnahme beinhaltet eine dynamische Sitzpositionvermessung, Fußdruckmessung, Satteldruckmessung und Schuhplatteinstellung. Vermessen werden u.a. Innenbeinlänge, Armlänge, Torsolänge, Schulterbreite, deren Daten später für die softwaregestützte Winkelberechnungen bedeutsam sind.

Physiologische Besonderheiten oder körperliche Einschränkungen bedingen je nach Erfordernis eine veränderte Sattelposition, Sattelüberhöhung, Fußhaltung, Lenkerhöhe etc. 

Körperliche Auffälligkeiten wie z.B. Beinlängendifferenzen, die sich durch Sitzbeschwerden bzw. verdrehte Sitzposition bemerkbar machen, lassen sich dagegen mit Semi-Custom-Einlagen oder orthopädischen Einlagesohlen problemlos ausgleichen. 

Sitzknochenvermessung

Das wichtigste Kriterium zur Bestimmung der exakten Sattelbreite ist der Abstand zwischen den beiden Sitzbeinhöckern, wobei die Muskulatur und Fettpolster eine untergeordnete Rolle spielen. Nur wenn beide Sitzbeinhöcker gleichmäßig auf dem Sattel aufliegen werden der empfindsame Dammbereich beim Mann bzw. der tieferliegende Schambeinbogen der Frau entlastet und somit Schmerzen vermieden. Druckstellen können Nerven und Blutbahnen blockieren, was sich häufig durch Taubheitsgefühle äußert. 

Mit dem digitalen Retül-Vermessungssystem lässt sich schnell und unkompliziert der Abstand der Sitzhöcker bestimmen.

Um eine optimale Stützung der Sitzbeinhöcker zu gewährleisten ist ihr Absstand zueinander zu messen ("Ass-o-Meter"). Ein falscher Sattel kann die Kippfähgkeit des Beckens einschränken und sich auf die Biomechanik negativ auswirken. Besonders bei erhöhtem Kraftaufwand neigen Fahrer dazu das Becken nach vorne zu kippen. Verursacht die Sattelsase jedoch zuviel Druck auf den Damm- und Genitalbereich, schränkt es das Becken in seiner Kippfähigkeit nach vorne ein. Dies wiederum animiert den Fahrer das Becken nach hinten zu kippen mit der Folge, dass die unnatürliche Krümmung der Wirbelsäule den Rücken stärker belastet und die Kraftausübung des Gesäßmuskels beeinträchtigt.

Chemie zwischen Kunde und Bikefitter

Kundenwünsche mögen "heilig" sein, doch nur solange sie keine Nachteile in sich bergen. Ein verantwortungsvoller (durchsetzungsfähiger) Fitting-Fachmann wird seinen Kunden in dessen Eigeninteresse - auch bei kontroverser Meinung - vor Fehleinstellungen bewahren und ihn mit Argumenten zu überzeugen versuchen. Im Sinne der Erkenntnis spielt der Experte sein qualifiziertes Wissen zum Wohle des Kunden aus. Schlußendlich erwartet der Fittingkunde für sein Geld zu recht eine definierte Sitzposition, die ihm eine Verbesserung im Vergleich zum Ursprungszustand verspricht. 

Apropos Qualifikation: Specialized bildet angehende Fitter in der Specialized Bicycle Compontens University (SBCU) zu zertifizierten <Body Geometry Fit Experten> aus. 

Technik per se ist emotionslos, doch der enge (Berührungs-) Kontakt setzt zwischen Fitter und Kunde ein zwischenmenschliches Vertrauensverhältnis voraus, d.h. der Draht zueinander sollte stimmen. Gute Laune und Späßchen am Rande lockert bei aller zweckdienlicher Zielstrebigkeit den Optimierungsprozess auf.  

Body Geometry Fit - Ganzheitlicher Systemansatz

Geht es es um High-End Bike-Fitting, so bietet BODY GEOMETRY FIT UND RETÜL dem Kunden die perfekte Kombination. Body Geometry ist derzeit das einzige Radanpassungs-System, das gleichermaßen Produkte wie Passform des Bikes umfasst. Unter ergonomischen Gesichtspunkten werden Body Geometry Produkte mit dem Ziel entwickelt und wissenschaftlich getestet, um Kraftübertragung, Ausdauerleistungsfähigkeit und Komfort nachhaltig zu verbessern. Dadurch stellt die Body Geometry Fit Methode eine harmonisierte Symbiose zwischen Radanpassung und Produkten her, um die Anpassung zu perfektionieren.

Die Fußbett-Wölbung-Messung geschieht mit dem Specialized Arch-O-Meter. Das Mess-Resultat bestimmt ggf. über die Verwendung von Einlagen, die Fehlstellungen der Füsse bzw. des ganzen Körpers regulieren. Quintessenz: mehr Power durch veringerte Fehlbelastung.  

 

Specialized bietet 3 leichte und formbeständige Einlagesohlen mit verschieden ausgeprägten Fußbett-Wölbungen an. Die medizinisch getesteten Body Geometry-Fußbetten wurden zusammen mit Dr. Andy Pruitt vom Boulder Center for Sports Medicine entwickelt. Ihre Semi-Custom-Passform bietet mehr Effizienz und Komfort, reduziert das Verletzungsrisiko und sind im Vergleich zu handgefertigten orthopädischen Einlagen relativ preisgünstig (ca. € 30).

 

Die Fußdruckmessung ist wichtig, weil der Fuß die Kraft auf das Pedal überträgt und somit für den Vortrieb verantwortlich ist. 

  • + Rot: minimale Ausformung (entspricht hinsichtlich der Unterstützung des Längsgewölbes und des Mittelfußes dem serienmäßigen Body Geometry-Fußbett (verfügen die meisten Schuhe)
  • ++ Blau: mäßig (etwas höhere Längsgewölbe- und Mittelfußstütze); für Menschen mit flachem bis durchschnittlichem Fußgewölbe
  • +++ Grün: deutliche Unterstützung; für Menschen mit höherem Fußgewölbe

 

Body Geometry Außensohle und Fußbett fördern eine saubere vertikale Tretbewegung, was Leistung sowie Wohlbefinden verbessert und Verletzungen vorbeugt. Mit Hilfe der Retül-Vermessung können Einlagesohlen bedarfsgerecht nach Maß gefertigt werden.

Specialized Body Geometry Shim Kit

Bei den Specialized Body Geometry Shim Kits handelt es sich um perforierte, atmungsaktive Keile, die im Schuh eine Vorderfuß-Korrektur zur besseren Ausrichtung von Hüft-, Knie- und Fußgelenk vornehmen. Die Verpackungseinheiten enthalten 1 Paar Varus-(orange) oder 1 Paar Valgus-Keile (gelb).

Der menschliche Fuß ist von Natur aus zum Gehen und Laufen etwas angewinkelt. Bei cirka 88% der Bevölkerung (Madson S. 2011) weisen die Füße im unbelasteten Zustand einen mehr oder weniger ausgeprägten Vorfuß-Varus auf, was bezogen auf das Gehen und Laufen als normale anatomische Eigenschaft gilt. 

Diese Winkelstellung kann jedoch beim Pedalieren zu einer Rotationsbewegung von Knie, Schienbein und/oder Fuß führen, die das Fußgewölbe kollabieren lässt. Dies beeinträchtigt die Antriebs-Effizienz und kann auch Knieschmerzen verursachen. Beim Radfahren dreht sich jedoch das Schienbein medial und das Knie weicht bei der Aufwärtsbewegung rechts und links der linearen Bewegungslinie ab, was sich leistungsmindernd und verschleißfördernd auswirkt. Um dies zu vermeiden und die Kraftübertragung zu erhöhen muss das Knie gestützt werden. Der Varus-Keil (Schuheinlage) hilft hebt die Innenseite an und steigert durch eine lineare Kniebewegung sowohl den Komfort als auch die Antriebseffizienz. Der sogenannte Varus-Keil von Specialized hebt in die Außensohle den Fuß innen um 1.5 mm an. Fuß, Knie und Hüfte werden dadurch besser zueinander ausgerichtet, was zu mehr Effizienz und Komfort führt. 

Der Varus Shim hebt den Fuß auf seiner Innenseite um 1.5mm an und führt zusammen mit dem Varus Keil zu einer Erhöhung des Fußes auf seiner Innenseite um insgesamt 3mm. Der Valgus Shim hebt ihn auf der Fußaußenseite um 1.5mm an und neutralisiert somit den Varus Keil. Der Fuß steht nun gerade, ohne Neigung nach innen oder außen im Schuh.

Die überwiegende Zahl der Radfahrer benötigt eine Varus-Vorfußkorrektur, d.h. eine Erhöhung unter der Fußinnenseite. Neueste Studien zeigen, dass weniger als 11% der Radfahrer eine neutrale Vorfuß-Stellung und somit ohne Varus- oder Valgus-Stellung auskommen.  

Beweglichkeitsprüfung

Beweglichkeits-Tests sollen in erster Linie körperliche Auffälligkeiten aufspüren, die Relevanz für die Sitzposition besitzen.

In einem strukturierten 18-Stufen-Prozess (Body Geometry Fit) wird sowohl die Flexibilität als auch die körperlichen Merkmale sehr genau analysiert. Die Ergebnisse sind für die Bestimmung der perfekten Position auf dem Rad mit entscheidend.

Jeder menschliche Körper weist eine individuelle Anatomie auf, verfügt einen einzigartigen Trittstil und somit eine spezifische Biomechanik. Die Ergebnisse des Beweglichkeits-Tests fließen neben den Körpermerkmalen in die Datensammlung mit ein.  

Beweglichkeitseinschränkungen haben Einfluss auf die Lenker, Clead- und Sattelposition.

Beweglichkeitsübungen bringen zum Vorschein, ob ein verkürzter Quadrizeps, Hüftbeuger oder Beinlängendifferenz vorliegt. Aus der Kombination Interview, Beweglichkeitstest und Krafttest bekommt der Fitter aussagekräftige Informationen die ihn befähigen sich peau a peau den perfekten Einstellungen anzunähern.

Phase II - Bikefitting

Stand während der Voruntersuchung der Mensch im Fokus, so wendet sich beim Bikefitting die Untersuchung dem "Corpus Delicti" zu. Nun soll Mensch & Maschine zu einer möglichst harmonischen Einheit verschmolzen werden.

Über fest definierte Zeiträume hinweg werden alle relevanten Körperwinkel erfasst, deren Durchschnittswerte von der Retül-Software automatisch berechnet und übersichtlich dargestellt. Die dynamische Radpositionsvermessung (Retül) gewährleistet mit drei parallel laufenden Kameras - im Vergleich zu herkömmlichen Videosystemen - mit ihrem breiten Sichtfeld eine extrem hohe Genauigkeit. Präzise Messdaten liefern Informationen, die die Grundlage für den Optimierungsprozess bilden.

Durch die Fahr-Analyse erhält der Fitter während der Kurbelbewegung ein authentisches Bild über Position und Trittstil. Die Erkenntnisse daraus sind wichtige Informationen mit denen die gewünschte (Optimal-) Position schneller zu finden ist.

 

Interdisziplinäres Fachwissen über Physiologie, Anatomie und Radmechanik sowie scharfsinnige Beobachtungsgabe sind nun gefragt, um entsprechende Anpassungskorrekturen vorzunehmen. 

Nun werden die Marker für die Sensorenfixierung an den Drehpunkten des Körpers befestigt, d.h. am Fersenbein, Kleinzehengrundgelenk, Außenknöchel, mittleren Kniegelenkspalt, großen Rollhügen, Schulter, Ellbogen und Handgelenkspalt platziert (Dauer ca. 10 min.). Die Software errechnet in Sekundenschnelle die Durchschnittswerte aller relevanten Körperwinkel der jeweils aufgezeichneten Sequenz, womit die Effekte jeder Veränderung durch weitere Messungungen sofort überprüfbar ist. Das spannende daran: die ausgewerteten Daten und Winkelstellungen jeder Einstellungskorrektur kann der Proband während des Bewegungsablaufs live am Monitor mitverfolgen.

 

 

Ist der Proband "verkabelt" folgt mit dem "Pedal finden" der nächste Schritt.

Das Einstellungsprocedere beginnt grundsätzlich mit dem vertikal und horizontal verstellbaren Sattel. Beim Bestimmen der Sattelposition ist es wichtig, dass der Fahrer genauso kurbelt (Trittstil) die seiner typischen Fahrweise entspricht. Nur dann kristallisiert sich ein individuelles Bewegungsmuster heraus mit dem sich die Sattelhöhe exakt bestimmen lässt.

Bei der Sitzpositionvermessung wird die Beweglichkeit und Balance des Fahrers untersucht. Ein entsprechendes Ungleichgewicht kann sich auf den gesamten Bewegungsapparat auswirken und Probleme wie Fehlbelastungen oder Ausgleichsbewegungen mit sich bringen. Anschließend werden einzelne Körperpunkte gemessen. So kann man genaue Aussagen über die Position des Fahrers treffen. 

In dieser Untersuchungsphase stellt sich heraus, ob der Sattel - abgesehen von der Position - überhaupt passt, die Cleats an den Schuhen richtig positioniert sind sowie die Breite des Lenkers und essen Position stimmig sind.

 

Um eine optimale Kraftübertragung und Effizienz zu erzielen, muss der Knie-Drehpunkt exakt über der Pedalachse liegen. In der drei Uhr Pedalstellung sollte das Lot, welches unterhalb der Kniescheibe am Schienbein anliegt, durch die Pedalachse laufen. Fällt das Lot vor die Pedalachse, muss der Sattel nach hinten, fällt es dahinter, muss der Sattel nach vorne. Nach dieser Einstellung wird nochmals die Sattelhöhe kontrolliert.

 

 

 

 

 

 

Die Nackenflexibilität bestimmt im wesentlichen die Sattelüberhöhung: Einschränkungen der Halswirbelsäulenflexibilität bedarf zwangläufig einer höheren Lenkerposition. Während der Kurbelbewegung ist z.B. eine Hüftrotation (Beinlängendifferenz kann ursächlich sein) in der Front- bzw. Backside-Betrachtung für den Fitter sofort erkennbar.

Minimalste Anpassungen des Sattels verändern sofort die Winkelverhältnisse zu den Pedaen und dem Lenker. 

Dreidimensionale Video-Aufzeichnung

Die Retül-Untersuchung beinhaltet eine dynamische Sitzpositionvermessung, Fußdruckmessung, Satteldruckmessung und Schuhplatteneinstellung. Die weltweit einzigartige Vermessungsmethode lässt sich leistungsunbhängig bei jedem Fahrer und beliebigem Radmodell anwenden. Ziel ist es, unter Berücksichtigung individueller Faktoren für den Fahrer entsprechend seiner Sportdiziplin und formulierten Ziele die optimale Sitzposition einzustellen. Passt Mensch & Maschine wie aus einem Guß zusammen, fährt er schneller, ausdauernder und komfortabler. Dies zeigt, wieviel im Endeffekt wirklich am Spiel steht, denn nur ein topp eingestelltes Rad vermag die glühende Leidenschaft für's Hobby befeuern. 

Der wesentliche Vorteil von Motion Capture gegenüber der zweidimensionalen Videoanalyse liegt in ihrer dreidimensionalen Aufzeichnung, was äußerst präzise Vermessungsdaten erlaubt. Wird bei der Videoanalyse nur ein Einzelbild vermessen, liefert Retül im Gegensatz dazu Durchschnittswerte der Körperwinkel einer Messperiode von 20 Sekunden bis zu mehreren Minuten. Durch die unkomplizierte Handhabung kann jede noch so kleine Veränderung in Echtzeit vermessen und validiert werden, deren lückenloses Protokoll alle Messergebnisse reproduzierbar festhält.  

Im Sinne einer ausgewogenen Synthese relevanter Faktoren wie z.B. Präferenzen, Ergonomie, Ökonomie und Aerodynamik ist das vorrangige Ziel, sich mit Hilfe der dreidimensionalen Videoanalyse systematisch zur perfekten Sitzposition vorzuarbeiten. Durch angebrachte Motion Capture Marker an den Beinen, Armen, Schulter des Probanden werden während der Rotationsbewegung alle relevanten Körperwinkel in Echtzeit aufgezeichnet.

Die Vermessungs-Punkte werden per Mouseclick auf einem PC-Monitor abgebildet. Motion Capture ist ein Tracking-Verfahren das es ermöglicht jede Art von Bewegung zu erfassen und in ein lesbares Digitalformat umzuwandeln. Dies ermöglicht Bewegungsabläufe detailliert zu analysieren und zur Überprüfung von Korrektursteuerungen einzusetzen.  

Videokameras haben ein schmales Sichfeld, währenddesen die Retül-Kamera (drei Kameras arbeiten bei diesem System dreidimensional nebeneinander.) ein weites Sichtfeld von 45° pro Infrarotkamera aufweist. Dadurch kann auf kleinstem Raum effektiv gearbeitet werden, weswegen ein Abstand von 2,5 Metern zwischen Kamera und Fahrer ausreicht.

 

 

Alle ermittelten Daten werden in einem umfangreichen Protokoll zusammengefasst. Präzise Ver­messungs­technik und intelligente Software sind unerlässlich, um zielgerichtet step by step die bestmögliche Sitzposition für den Fahrer zu finden. Die Kombination von Erfahrung und Qualifikation des Fitters, gepaart mit den verfügbaren Test­systemen und Video­analyse erlaubt es Radsportler, Triathleten, Mountainbiker und Freizeitradlern sportartspezifische Hilfestellung zu leisten, um letztlich ein problemloses Radfahren zu ermöglichen. Ziel ist es, eine ausgewogene Synthese der dafür notwendigen Faktoren (u.a. Individualität, Ergonomie, Ökonomie, Aerodynamik) zu finden. 

Welche Leistung letzten Endes am Pedal ankommt und in welcher Weise sich die Kraft verteilt, lässt sich mittels Bike-Fitting mit einer speziellen Schuh-Druckmessung exakt überprüfen. Dreidimensional werden die Pedalkräfte sichtbar gemacht, deren Vortriebswirkraft ins Verhältnis zur Gesamtkraft gesetzt wird und sich im Wirkungsgrad ausdrückt.

Zeitfahrrad - Triathlonrad

Warum die Einstellung von Triathlon- oder Zeitfahrrädern mit Aerolenkern so schwierig ist liegt daran, weil der vielversprechenste Kompromiss zwischen bequemer und effizienter Sitzposition gefunden werden muss. Anders als Rennradfahrer, die unterschiedliche Sitzhaltungen (Oberlenker- Unterlenkergriff, sitzend, stehend) einnehmen, verharrt der Fahrer eines Aeororads mehr oder weniger in derselben Position. Deshalb ist entscheidend, dass die relativ "starre" Sitzposition allen Ansprüchen gerecht wird und die (Ausdauer-) Fähigkeiten optimal unterstützt werden, wobei nach Renndistanz (Olympische Distanz/Mittel- oder Langdistanz) unterschieden wird. Im Endeffekt geht es darum, die aerodynamische Performance des Athleten zu maximieren, ohne ihn in seiner Leistungsentfaltung bei der Kraftübertragung zu behindern.

© Ludwig Eglmeier, Radwerk by Iron Trizone

Im Vergleich zu Radsportlern verschieben sich die Prioritäten bei Triathleten und Einzelzeitfahrern. Leistungssportler gehen grundsätzlich nur ungern Kompromisse ein, doch gänzlich vermeidbar sind sie leider nicht. Gerade unter "Einzelkämpfern", die wegen Windschattenverbots ihrem größten Widersacher - den Luftwiderstand - ohne Fremdhilfe ausgeliefert sind, ordnet sich alles dem Primat einer perfekten Aeorodyamik unter. Allerdings stellt sich die Frage, ob bzw. wie lange in einer extrem stromlinienförmigen Körperhaltung konstant hohe Leistungen abrufbar bleiben. Im Prinzip geht es darum, dem Lufwiderstand eine möglichst kleine Stirnfläche zu bieten, ohne andererseits wegen unkomfortabler Sitzhaltung Performance-Einbußen befürchten zu müssen die den aerodynamischen Vorteil egalisiert oder schlimmstenfalls ins Negative dreht. So verspricht eine tiefere Lenkerposition zwar aerodynamische Vorteile, doch wenn die Tritteffizienz darunter leidet verschlechtert sich der Wirkungsgrad. Eine höhere - sprich komforablere - Sitzhaltung erzeugt zwar mehr Luftwiderstand - doch je nach Distanz/Dauer kann der Nachteil ggf. wieder wettgemacht werden bzw. im günstigen Fall sogar die schnellere Alternative sein.

Es braucht einer ausgeklügelten Abwägung aller Kriterien, um Athleten unter dem Strich leistungsfähiger - sprich schneller - zu machen. Die eigentliche Kunst liegt darin, jene perfekte Balance zwischen Aeroposition und Ausdauerleistungsfähigkeit über die gesamte Distanz herauszufinden, dessen entspannte Sitzhaltung letztlich wertvolle Ressourcen für die Laufdisziplin aufspart. Ein schneller Radsplit ist das eine, eine bombastische Laufzeit das andere.

Bis ein perfektes Set Up für den Atlethen einer Zeitfahrmaschine gefunden wird benötigt Geduld. komplizierter. perfekt einzustellen   

 Aerodynamik

Das Hauptaugenmerk der Triathleten liegt bei der Rad-Disziplin in der Optimierung der Aerodynamik. Aero-Laufräder, Aero-Lenker, windschnittiger Rahmen, stromlinienförmiger Zeitfahrhelm sowie eine perfekt abgestimmte aerodynamische Sitzposition verringern maßgeblich den Luftwiderstand. Somit ergibt sich bei derselben Wattleistung ein höheres Durchschnittstempo. Messungen des Rennradmagazins TOUR ergaben: allein ein Aero-Lenker samt optimierter Zeitfahrposition verringerte auf einem Zeitfahrrad den Luft­widerstand um 25 %. Umgerechnet auf dieselbe Tretleistung erreichte ein Hobby-Triathlet statt 32,7 km/h 35.7 km/h bzw. ein Profi-Zeitfahrer statt 45,6 km/h 50 km/h.  

Immerhin müssen je nach Tempo bis zu 80% der aufgewendeten Energie allein dafür aufgebracht werden um den Luftwiderstand zu überwinden, der bei steigender Fahrgeschwindigkeit quadratisch zunimmt. Demnach erzeugt die Verdoppelung der Geschwindigkeit einen vierfach so hohen Luftwiderstand. Die Ermittlung der optimalen Sitzposition gestaltet sich im Vergleich zu herkömmiichen Rennrädern noch komplexer, weil es aus zahlreiche Verstelllparameter gilt den optimalsten Kompromiss für den Kampf gegen die Uhr zu finden. Abgesehen von der Aerodynamik müssen auch Faktoren wie ergonomisches, ermüdungsfreies Sitzen bzw. optimaler Umstieg auf die Laufstrecke eine Rolle bedacht werden.

 

Bei Wettkämpfen nehmen viele Athleten zugunsten aerodynamischer Vorteile Abstriche bei der optimalen Biomechanik in Kauf. Natürlich ist gut möglich, Einbußen bei der Wattleistung hinzunehmen um eine verbesserte Aeorodynamik zu erreichen mit der man unter dem Strich effektiv schneller ist. Die Gretchenfrage ist dabei, ob bzw. wie lange der Athlet eine solche - für ihn ggf. unbequeme Sitzposition - halten kann. Genau das sollte ein erfahrener Fitting-Fachmann beurteilen können, ob das entgegen gebrachte "Opfer" einer unbequemen Sitzhaltung zugunsten einer verbesserten Aerodynamik die volle Wettkampfdistanz durchgehalten werden kann. Ermüdungserscheinungen gehen nicht nur zu Lasten der Wattleistung sondern begünstigen auch einen gesteigerten Stoffwechselumsatz. Die schnellste Aeroposition maximiert die Effizienz durch Ausbalancieren von Aerodynamik, Kraftübertragung und Komfort. 

Dies alles erfordert nicht nur ein hohes physisches Leistungsvermögen, sondern auch mentale Stärke. Durchhaltevermögen. Härte gegen sich selbst. Der größte Feind des Zeitfahrers/Triathleten heißt: Luftwiderstand. Bei hohen Geschwindigkeiten werden bis zu 90 Prozent der Leistung dafür verwendet, den Luftwiderstand zu überwinden. 

Aufgrund der relativ statischen Sitzhaltung hat für das Zeitfahrrad die Ergonomie einen noch höheren Stellenwert als es beim klassischen Rennrad ohnehin schon der Fall ist. Es ist eine Gratwanderung "High-Tech-Material" so anzupassen damit der Pilote trotz Aero-Haltung auch über längere Zeiträume seine Maximalkraft abrufen kann. 

Der Aerohelm sollte mitgebracht werden, um den Kopf samt Helm korrekt zu positionieren. 

Für das Zeit- bzw. Triathlon-Rad gilt eine ergonomische, aerodynamische Sitzposition noch mehr als für das Rennrad. 

Im Gegensatz zum "Otto-Normal-Radler" der aus Spaß an der Freud sein Hobby leidenschaftlich auslebt, haben wettkampforierte Athleten ihre optimale Sitzposition als dynamischen Prozess zu verstehen, die sich in der laufenden Saison aufgrund von strukturierten Trainingsplänen und Wettkampfeinsätze verändern kann. Für diese Zielgruppe führt an einer regelmäßigen Adaptierung kein Weg vorbei, auf dauerhaft effizient und beschwerdefrei am Rad zu sitzen.

Mountainbike

Das Anpassen eines Mountainbikes orientiert sich am Einsatzzweck (Cross Country, Marathon, All-Mountain, All-Mountain Plus, Freeride und Downhill). Gleichwohl fließen Präferenzen des Piloten mit ein, wo er in welchem Gelände seine Schwerpunkte setzt. Eigenschaften wie Vortriebseffizienz, Handling und Beherrschbarkeit spielen eine Rolle bei optimalen Sitzposition. Anpassungen werden generell mit ausgefahrener Sattelstütze durchgeführt.

Eine wirksame Kontrollmethode: auch wenn seitliche Knieabweichungen für den Fitter auf dem Monitor erkennbar sind, so macht der Laserstrahl dies während der Rotationsbewegung zusätzlich optisch sichtbar (siehe Foto).

Phase III - Zinnen & Report 

Zur Verlaufs- und Entwicklungskontrolle vertraut der Spezialist auf das Analysesystem von Retül, das den Athleten während der Fahrt in einem bestimmten Leistungsbereich in Echtzeit vermisst, umfangreiche 2D/3D Daten liefert und dem Sportler einen permanenten Einblick in den Prozess erlaubt.  

Mit dem Zinnen (punktuelle Vermessung) wird an vordefinierten Punkten milimetergenau das Rad eingescannt. Ermittelte Daten werden eingelesen und als übersichtliches Spaltenformat in ansprechendem Layout ausgegeben. 

Wurde einmal ein Bikefitting absolviert, entfällt bei künftigen Fittings die aufwendige Voruntersuchung. Der Mehrfachnutzen spart Zeit und Geld. 

Das aussagekräftige Protokoll (View-Report) enthält sämtliche Untersuchungsdaten, das der Proband zur beliebigen Verwendung überreicht bekommt. Damit bleiben alle Ergebnisse reproduzierbar was den Vorteil mit sich bringt, dass bei künftigen Bikefittings die zeitaufwendige Körpervermessung entfällt bzw. künftige Radkäufe erheblich vereinfacht. Es ist wie es ist: bilden Mensch & Bike eine verzahnte Einheit fährt man schneller, ausdauernder und komfortabler, d.h. wer darauf verzichtet spart am falschen Ende. 

Den Report (Ergebnisanalyse) erhält der Kunde in Druck- bzw. digitaler Form überreicht, womit er Kunde die reproduzierbaren Fittingdaten in Händen hält. Nun ist der Fitting-Prozess abgeschlossen. 

Report zur Ansicht: Max Mustermann

Finaler Feinschliff

Selbstverständlich benötigt der Körper nach einem Bikefitting eine Adaptierungsphase, deren Eingewöhnungszeit vom Umfang der erfolgten Anpassungen abhängig ist. In Ausnahmefällen kann ein Nachfolgetermin erforderlich sein, bei dessen Re-Check Feinoptimierungen erfolgen. Der finale Feinschliff muß nicht zwingend definierte Sweetspots widerspiegeln, sondern kann gemäß individueller Wünsche punktuell abweichen. Fühlt sich der Fahrer im Sattel pudelwohl und vermag er sein Leistungspotential vollumfänglich und ausdauernd ausschöpfen hat der Fitter die "Points of Interessest" getroffen und somit sein Ziel im Dienst des Kunden erreicht.

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