Doping-Schnelltest 

Der Kampf gegen Doping im Breitensport könnte bald in eine neue Runde gehen. Hoffnung macht eine neu entwickelte Bluttropfen-Analyse mit der es möglich sein soll anabole Steroide, Stimulanzien wie Cannabinooide herauszulesen. Die verfeinerte Nachweismethode wurde am Kölner Zentrum für Präventive Dopingforschung von Doping-Analytiker Prof. Dr. Mario Thevis entwickelt und stellt eine wesentlich vereinfachte Methode zu den kostspieligen Kontroll-Verfahren (Urin- und Blutkontrollen) dar. Nach einem Piecks in die Fingerkuppe wird ein Blutstropfen entnommen, der von einem anerkannten Dopingkontroll-Labor analysiert wird. Sofern die WADA dem neuen Testverfahren seine Zustimmung erteilt und Breitensport-Veranstalter mitziehen, könnte das Schnellverfahren in großem Umfang eingesetzt werden.

Doch manche Veranstalter von Rad-, Triathlon- und Marathon-Rennen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sträuben sich gegen die Einführung von Dopingkontrollen. Sie monieren die fehlende rechtliche Grundlage für Dopingtests bei Hobbysportlern, insbesondere wenn sie keinem Verein bzw. Verband angehören. Auch die Kosten sowie der organisatorische Aufwand schreckt Veranstalter ab. Eine Kostenumlage hin zu höhreren Startgebühren dürfte die Teilnehmerzahlen schrumpfen lassen. Zudem müssten Dopingkontrollen von einer unabhängigen Institution durchgeführt werden, um die Glaubwürdigkeit und Seriösität zu wahren. Es gilt im Vorfeld noch einiges zu klären, bevor der Breitensport einer engmaschigen Kontrolle unterzogen wird. 

Vorzeigebeispiel Italien

Italien fungiert als Vorzeigebeispiel, wo seit Jahren Doping-Kontrollen bei Breitensport-Radrennen wie z.B. die Maratona des Dolomites in den Südtiroler Dolomiten erfolgreich durchgeführt werden. Auf Anfrage teilte der Veranstalter mit, dass Dopingkontrollen von der italienischen Anti-Doping-Agentur ohne Ankündigung erfolgen. Eine Anmeldung ist nur möglich, wenn im Vorfeld versichert wird niemals positiv getestet worden zu sein, oder sonst mit Dopingmitteln auffällig geworden zu sein. Die Teilnahmebedingungen enthalten den Passus: "Im Fall von positivem Anti-Doping-Test an der Maratona des Dolomites bzw. bei nachgewiesenem positiven Test in den sechs Monaten nach der Maratona bei anderen Sportveranstaltungen muss der Konkurrent dem Organisationskomitee der Maratona dles Dolomites als Ersatz für den schweren Schaden für das Image des Events die Summe von € 50.000,00 zahlen. Bei Zugehörigkeit zu einem Sportverein ist dieser durch Mithaftung zur Zahlung der Sanktion verpflichtet." Freilich funktioniert die Strafandrohung die im übrigen auch uneingeschränkt für ausländische Teilnehmer gilt nur,  weil die rechtliche Grundlage in dem Land vorhanden ist. Italien verfügt nämlich über ein strenges Anti-Doping-Gesetz, das nicht wie in Deutschland zwischen Hobby- und Berufssportler unterscheidet. 

Kampf gegen Windmühlen

Die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt. In einer Zeit, wo das "volle Programm" von Erythropietin (Epo), Steroiden, Wachstumshormonen, Testosteron, Cortison etc. im Internet erhältlich ist und in Netzforen "praktische" Anwendertipps für den Einsatz illegaler Sportdrogen ungehemmt veröffentlicht werden erscheint der Kampf gegen Doping fast aussichtslos. Spezialisierte Internetshops erlauben risikolose Bestellungen aus dem virtuellen Dopingregal. Kunden können dort ihr persönliches Epo-Molekül mit kürzester Nachweisbarkeit designen und sich die Produkte Frei Haus schicken lassen. Ein weiteres Problem stellt die rasante Zunahme verbotener Substanzen auf einem unüberschaubaren pharmazeutischen Sortimentsangebot dar. So gibt es mittlerweile Präparate wie z.B. Kobaltsalz - behaftet mit schwerwiegenden Nebenwirkungen - in Tablettenform, das EPO-ähnlich wirkt und bereits nach wenigen Stunden nicht mehr nachweisbar ist. Ohnehin hält sich die Angst vor Entdeckung in Grenzen, weil Breitensportler bzw. Amateure quasi eine kontrollfreie Zone genießen.

Auch wenn sich Gendoping  noch im Entwicklungsstadium befindet lässt sich heute festhalten: Maßnahmen, die genetisches Material wie z.B- Beispiel DNA oder RNA zuführen erschließen zum Zwecke der Leistungssteigerung vollkommen neue Dimensionen. So greift z.B. die Substanz GW1516 in den Muskelstoffwechsel ein, was den Trainingseffekt bei Tierversuchen um bis zu 70% steigerte. Was Gendoping besonders gefährlich macht: Risiken und Nebenwirkungen sind weitgehend unerforscht. 

Investigativ-Journalismus 

Hält man sich vor Augen, dass laut Weltgesundheitsorganisation jährlich 15 Milliarden Euro mit illegalen (Doping-) Substanzen erwirtschaftet werden, wird das gigantische Ausmaß deutlich. Die US-amerikanische Drogenfahndung DEA stellte 2005 fest, dass der Umsatz mit Dopingmitteln bereits über dem des illegalen Drogenhandels liegt.

Exkurs Profisport: Sportredakteur Thomas Kistner von der Süddeutschen Zeitung zieht ein niederschmetterndes Fazit in seinem Bericht <Doping gehört dazu wie Brot und Wasser>: "Tatsächlich ist die Sache einfach so: Die Schlacht gegen Doping ist nicht verloren. Denn sie hat nie richtig stattgefunden".

Winterspiele Sotschi (Rußland), Süddeutsche Zeitung

Exkurs Profisport: Sportjournalist Hejo Seppelt deckte systematische Betrugspraktiken in der olympischen Kernsportart Nr. 1 - der Leichtathletik - schonungslos auf. Die ARD-DokuGeheimsache Doping - Wie Russland seine Sieger macht" spiegelt ein erschreckendes Doping-System wider, in das Sportler, Trainer, Mediziner, Verbände samt russischer Anti-Doping-Agentur verstrickt zu sein scheinen. 

Das ZDF Doping-Rechercheteam mit den Reportern Ralf Paniczek und Felix Herovon liefert unter dem Titel "Die tägliche Dröhnung - Höchstleistung aus dem Medizinschrank" Hintergrundinformationen zum Thema Doping im Breitensport, bei denen Dopingsünder vor allem über ihre dramatischen gesundheitlichen Spätfolgen berichten.

Artikel wie <Doping im Hobby-Radsport> sowie <Die Recherche: Doping im Hobby-Radsport> des Fachmagazins RENNRAD beschreiben die  Doping-Mentalität im Hobby-Radsport.

Auf einem Dopingsymposium in Frankfurt a. M. warfen führende Anti-Doping-Experten den sportlichen Kontrollorganen schlicht und ergreifend Versagen vor. Die Prognose des Mainzer Physiologen Perikles Simon fällt niederschmetternd aus, denn er erwartet in Rio die „die gedoptesten Spiele aller Zeiten. Die Kontrollorgane haben auf ganzer Linie versagt. Alle Dopingtests sind fragwürdig. Das ist Volksverdummung“. Auch Fritz Sörgel - Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Heroldsberg bei Nürnberg -   Enthüllungs-Journalist Hajo Seppelt, Kriminologe Helmut Mahler vom Landeskriminalamt in Nordrhein-Westfalen sowie der Rechtswissenschaftler Dieter Rössner lassen am weltweiten Anti-Doping-Kampf kein gutes Haar.

Die mehrteilige Doku "Geheimsache Doping" von Hajo Seppelt geht der zentralen Frage nach, ob es wegen systemischen Dopings zum Ausschluss der russischen Olympiamannschaft kommt. Die weitreichende Entscheidung fällt am 17. Juni der IAAF Internationaler Leichtathletik-Weltverband.

König Fußball regiert die Sportwelt, wodurch das Milliarden-Business zwangsläufig die Medienberichterstattung dominiert und in ihrem Sinne Einfluß nehmen kann. Leistung um jeden Preis heißt die Devise, doch über gedopte Kicker erfährt man öffentlich herzlich wenig. Der Verdacht liegt nahe, dass dem Geschäft zuliebe Medien auf beiden Augen blind sind und zufolge ungleicher Maßstäbe ein Zerrbild über die betroffenen Sportarten entsteht. 

Fazit

Das Selbstverständnis mit denen zum Zweck des Wettbewerbsvorteils Pillen, Pulverextrakte, Tabletten und Dragees geschluckt oder Bluttransfusionen gesetzt werden scheint ein Faß ohne Boden zu sein. Ein entgleister Leistungsfetischismus, der rücksichtslos Bestleistungen vom Körper abverlangt geht über kurz oder lang auf Kosten der Gesundheit. Ärztliche Diagnosen und Studien belegen teils schwerwiegende Erkrankungen bis hin zu Todesfällen. Besonders die Effekte auf das kardiovaskuläre System sowie die Leber bergen lebensbedrohliche Risiken.

Beim Hobbysport zählt in erster Linie das "Dabei sein ist alles Prinzip". Im Gegensatz zur Profiliga, wo der sportliche Erfolg über ex oder hopp entscheidet - können sich Breitensportler glücklich schätzen, dass sich Spaß und intrinsische Motivation leistungsunabhängig einstellen. Um in den Genuss emotionaler Höhenflüge zu kommen liegt die weise Selbsterkenntnis in einer rationalen Einstellung. Breitensportler tun gut daran weniger den Leistungsvergleich zu fokussieren als vielmehr jedwede Challenge als Kampf gegen den "inneren Schweinehund" zu begreifen. Einzig diesen Plagegeist gilt es zu besiegen, womit es sich erübrigt seine Gesundheit auf's Spiel setzen bzw. sich grob unsportlich gegenüber seinen Sportskameraden zu verhalten. 

 Fairer Sportsgeist

Der Veranstalter des Ötztal-Radmarathon geht seit Jahren mit gutem Beispiel voran und feiert neben den Erstplatzierten aller Wertungskategorien auch die „Schlussankömmlinge“. Bei der traditionellen Abschlussfeier werden sie auf die Bühne geholt und vom Publikum - gedresst im Finishertrikot - frenetisch gefeiert. Dass der Letztklassierte auf Augenhöhe neben dem Sieger auf dem Podium steht hat Symbolcharakter, da er stellvertretend für alle Finisher als "Sieger" dort oben steht. Im Geist der Veranstaltung fühlen sich die Teilnehmer leistungsunabhängig miteinander vereint. Ex-Profi Jörg Ludewig (2013 Zweitplatzierter) antwortete auf die Frage was der Unterschied zwischen ihm und Hobbysportler sei: "die Emotionen beim Ötztaler sind für jeden Teilnehmer gleich. Ob Erster oder Letzter - in Sachen Leiden und Leistung gibt es keinen Unterschied". Den Kampf nicht aufgegeben und den inneren Schweinehund glorreich besiegt zu haben, hat heldenhafte Züge. In einer Leistungsgesellschaft, wo der Zweite zum ersten Verlierer abgestempelt wird, ist die Ehrung des Letztklassierten weit mehr als eine reine Geste. Sie spiegelt eindrucksvoll den tiefsinnigen Geist des Hobby-Radsports wider.