41. IRONMAN World Championship on the Big Island of Hawai'i

39. IRONMAN WORLD CHAMPIONSHIP

Die Ironman WM auf Hawaii gilt gemeinhin als härtester Eintages-Wettkampf weltweit. 3,86 km Schwimmen im aufgewühlten Pazifik, 180,2 km Radfahren auf dem meist windigen Queen Kaahumanu Highway und ein Marathonlauf über 42,195 km durch hitzeflimmernde Lavafelder und hoher Luftfeuchtigkeit sind gnadenlos harte Bedingungen welches die Ironman-Weltmeisterschaft auf Big Island so unberechenbar machen.

Insgesamt stehen für den diesjährigen Ironman Hawaii 39 Frauen und 53 Männer auf der Profistarterliste, angeführt von den Vorjahressiegern Daniela Ryf aus der Schweiz die die Ironman-WM zum dritten Mal in Folge gewonnen hat, sowie Patrick Lange. Beide gehen mit Startnummer 1 ins Rennen, während Sebastian Kienle, Ironman Hawaii Sieger von 2014 die Nr. 3 tragen wird. Desweiteren stehen noch Maurice Clavel, Marc Dülsen und Andreas Dreitz sowie Mareen Hufe, Anne Haug und Katja Konschak aus dem deutschen Profilager am Start. Nach den verletzungsbedingten Absagen von Topfavorit Jan Frodeno (Hüft-Stressfraktur) sowie von Boris Stein (Radsturz in Nizza) sind die Karten neu gemischt.

Die wichtigste Frage – ob Vorjahressieger Patrick Lange seinen Traum von der Titelverteidigung wahr macht - steht ein dickes Fragezeichen. Immerhin büßte er bei der Ironman-EM Frankfurt auf Jan Frodeno ausgerechnet in seiner läuferischen Paradedisplizin mehr als 8 Minuten ein. Glaube versetzt Berge. Vielleicht gelingt ja Sebastian Kienle mit eisernem Siegewillen nochmals eine Sensation und setzt die Serie nach zuletzt vier deutschen Hawaii-Siegen 2018  fort.

Live-Übertragungen

Der legendäre Ironman Hawaii wird am Samstag sowohl im ZDF als auch online im Stream zu sehen sein. Den Livestream im ZDF kommentieren Timo Bracht und Jan Frodeno. Die Live-Übertragung unter zdfsport.de ab 18.20 Uhr. Im Anschluss des Aktuellen Sportstudios steigt das ZDF von 0 Uhr bis 3.45 Uhr live ins Renngeschehen ein. Kathrin Müller-Hohenstein übernimmt die Moderation, unterstützt von Kommentator Martin Schneider. 

Erstmals gibt es auch auf Facebook unter „Ironman now“ eine Live-Übertragung - allerdings nur in englischer Sprache.

Favoritenkreis

Internationale Top-Favoriten wie Lionel Sanders (CAN), David McNamee (GBR) und Cameron Wurf (AUS) werden alles daran setzen, die deutsche Triathlon-Dominanz um Patrick Lange und Sebastian Kiechle - wenngleich ohne Jan Frodeno und Boris Stein - zu brechen. Den fränkischen Rookie Andi Dreitz sollte man trotz seiner IRONMAN Hawaii-Premiere nicht außer Acht lassen. Immerhin platzierte er sich bei der diesjährigen Challenge Roth in einer Fabelzeit von 7:53 h hinter Sieger Sebastian Kienle auf Platz Zwei in die Weltspitze der Langdistanz. Eine viel beachtete „Bravourleistung“ die auf eine Karriereleiter in den Olymp des Triathlonssports hoffen lässt. Ebenso zählt Maurice Clavel (3. Platz IRONMAN Südafrika) zum engeren Kreis auf ein Top Ten Resultat bei seinem Hawaii-Debüt. 

Bei den weiblichen Profis vertreten Mareen Hufe, Anne Haug und Katja Konschak die schwarz gold rot Farben auf Big Island.

Gerade weil keiner der Top-Favoriten in der abgelaufenen Qualifikationsphase eine Leistungsdominanz zeigte sind die Karten sind umso mehr neu gemischt. Deswegen dürfen wir uns auf einen spannenden Rennverlauf freuen.

Sebastian Kienle ist nach eigenem Bekunden in der Form seines Lebens. Ob's zum zweiten Hawaii-Sieg nach 2014 reicht wird sich zeigen. Wir drücken dem sympathischen Ausnahme-Athlet auf alle Fälle die Daumen. Interview Pushing Limits UG mit Sebastian Kienle

Der 31-jährige Patrick Lange aus Bad Wildungen gewinnt sensationell die IRONMAN World Championship auf Hawaii und erfüllte sich damit einen lang gehegten Lebenstraum. Lange setzte seine Ankündigung den Turbo zünden zu wollen in die Tat um und pflügte in einer fulmanten Aufholjagd - wie schon bei seinem Debüt 2016 - durchs Feld. Nacheinander kassierte er zehn Läufer und verwandelte einen 10:23 min. Rückstand (2. Wechselzone) in einen Vorsprung von 2:27 min. Mit seiner Gesamtzeit von 8:01:39 Stunden pulverisierte er den Streckenrekord des Australiers Alexander Craig aus dem Jahre 2011. Zweiter wurde der Kanadier Lionel Sanders (8:04,07 Stunden), Dritter der Brite David McNamee (8:07,11 Stunden). Der vierte Ironman-Sieg in Folge schreibt die erstaunliche Erfolgsbilanz der Deutschen also nahtlos fort. Wie eng Freud und Leid bei einander liegen musste Jan Frodeno in der bittersten Stunde seiner glanzvollen Sportkarriere leidvoll erfahren, als sein Traum vom Triple wegen muskulärer Probleme, welche ihn zu Geh- Sitz- und Stehpausen zwangen, jäh zerplatzte. Während ihm der Titel-Hattrick versagt blieb, holte die Schweizerin Daniela Ryf in einer Zeit von 8:50:47 ihren dritten WM-Titel und verwies die erst 24 jährige Lucy Charles (GBR) und Sarah Crowley (AUS) auf die Plätze zwei und drei.

Den glorreichen Ritterschlag bekam Patrick Lange ja bereits im vergangenen Jahr von Mike Reilly durch seinen legendären Spruch "You are an Ironman ..." erteilt. Doch dieses Jahr kamen die "Super Duper Hyper Worte "... World Champion" hinzu. Um den frisch gebackenen "King of Kona" würdig zu huldigen, gratulierten ihm die Ironman-Ikonen Dave Scott und Mark Allen (beide 6 fache Ironman-Hawaii-Sieger) auf dem Ali'i Drive von Kailua-Kona überschwänglich. Wir erinnern uns: Patrick Lange knackte 2016 die 27 Jahre alte Laufrekordzeit von Mark Allen (2:40:04 h).

Es zeigte sich einmal mehr, wie wichtig geballte Willenskraft ist, sobald die Ausdauerschlacht bei feuchtheißer Hitze Spitz auf Knopf steht und der Körper zu versagen droht. Letztlich hat er den Sieg seiner mentalen Stärke zu verdanken, die ihm half den seelischen Tiefpunkt zu überwinden. Zum Glück, denn vom Happy End des größten Triumphs seiner Triathlon-Karriere trennten ihn nur wenige Stunden. Während die Rivalen zunehmend abbauten, drehte Lange richtig auf. Sein Laufstil wirkte bis ins Ziel immer noch frisch und elegant. Willensstärke ist eine Mentalitätsfrage die sich systematisch nicht trainieren lässt. Patrick Langes Erkenntnis: „Der Kopf ist der Schlüssel“. Das emotionale Grenzwerterlebnis erlebte er als "Gefühls-Achterbahn hoch Tausend." Lange reiht sich in der Ironman-Hawaii-Siegerliste nun als sechster Deutscher ein, das im übrigen sein aktueller Trainer - der Münchner Faris Al-Sultan - bereits 2005 gewann.

Sebastian Kienle musste für seine Flucht nach vorne Tribut zollen, wobei man ihm keinen taktiktischen Fehler für den kraftraubenden Husarenritt auf dem Rad vorwerfen kann. Mit knapp 6 minütigem Rückstand blieb ihm gar keine andere Wahl, als sich in der Dreiergruppe mit Boris Stein und Sanders kontinuierlich nach vorn zu arbeiten um die klaffende Lücke auf die Führungsspitze zu schließen. Bei KM 35 lagen immerhin 30 Fahrer - darunter sämtliche Favoriten - lediglich 68 Sekunden auseinander. Nach der Kehrtwende in Hawi (höchster Streckenpunkt 200 m.ü.M.) attackierte er im Vollgasmodus wodurch er sich von seinem schärfsten Widersacher Frodeno absetzen konnte. Letztlich fehlten dem 33-Jährigen aus dem badischen Mühlacker 2:48 Minuten auf David McNamee (GBR), der ihn vom begehrten Podiumsplatz verdrängte.

Nils Frommhold stieg zu Beginn des Marathons verletzungsbedingt aus. 

Die Schweizerin Daniela Ryf lief mit einem gewaltigen Vorsprung von sage und schreibe 8:51 Minuten auf die Zweitplatzierte Lucy Charles (GBR) ungefährdet ins Ziel. Beste Deutsche wurde Mareen Hufe auf Rang 11. Sonja Tajsich landete wegen einer Erkältung auf Rang 21 (09:43:26). Die Vorjahresvierte Anja Beranek hingegen stieg zu Beginn der Laufstrecke aus. 

 Jan Frodeno - Tragischer Held des Tages

Wie eng Freud und Leid beinander liegen musste Jan Frodeno leidvoll erfahren, als sein Traum vom Triple wegen muskulärer Probleme unverhofft wie eine Seifenblase zerplatzte. Doch im Moment der schwärzesten Stunde seiner glanzvollen Karriere bewies der Olympiasieger und Doppelweltmeister wahre Größe. Obwohl ihn Ischiasgelenkschmerzen peinigten und ihm die Felle des Ironman-Sieges Minute um Minute davon schwammen, brachte er den Marathonlauf heldenhaft zu Ende (4:01:58). Nach 9:15:44 Stunden schleppte er sich unter Beifall der Zuschauer über die Finishline. Der entthronte Titelverteidiger nahm es mit Galgenhumor: "Das bleibt einem auch als Weltmeister nicht erspart, den Vier-Stunden-Marathon halt irgendwann mal erlebt zu haben."

Triathleten fürchten ein DNF wie der Teufel das Weihwasser. Trotz alledem hätte Frodeno unter diesen Voraussetzungen vorzeitig abbrechen können, was ihm sicher keiner übel genommen hätte. Frei von Starallüren war er sich aber nicht zu schade, dem Mantra des Triathlonsports "never give up" aufopferungsvoll zu erfüllen. Dass er in der bitteren Stunde die Flinte nicht ins Korn warf und den ehrenwerten Finisher-Kodex beherzigte wird ihm lange hoch angerechnet werden. Dass er abgeschlagen als Siebtzigster durch's Ziel lief war keine Schmach sondern eine Selbstüberwindung, die aller Ehren wert ist. Immerhin war der 36-Jährige als Topfavorit angetreten und auf Sieg gepolt. Im Fokus zahlreicher Kameras und die enttäuschende Niederlage vor Augen Moral und Standing zu zeigen und den Kopf nicht in den Sand zu stecken zeugt von unbändiger Willenskraft und würdigem Sportsgeist - kurzum von vorbildhaftem Charakter. Wille, Durchhaltevermögen und Disziplin - "Hinfallen" und "Aufstehen" - Spiegelbild des Up and Downs im Leben - versinnbildlichen Tugenden, in der Selbstaufgabe keinen Platz hat. Die Symbolkraft seines immer wieder von Geh- Sitz- und Stehpausen unterbrochenen "Handicaplaufs" hätte nicht größer sein können, was dem Seriensieger so viel Respekt, Bewunderung und Sympathien einbrachte, dass das Resultat letztlich zweitrangig war. Dem tiefsinnigen Geist des Triathlons, sein "Ding" zu Ende zu bringen - egal wie - wurde der siegverwöhnte Modellathlet bravourös gerecht. 

Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet der schwärzeste Moment seiner glorreichen Profikarriere wohl den meisten Menschen - wenn auch positiv verortet - im Gedächnis haften bleibt. Wo Licht ist ist auch Schatten. Beispiele, als Sportler nach schweren Niederlagen oder längeren Durststrecken stärker denn je zurückkehrten gibt es zu Genüge. Ein errfolgreiches Comeback - zumal ohne Favoritenbürde und geringerem Erwartungsdruck - wird wohl niemand ernsthaft bezweifeln. Am allerwenigsten Frodeno selbst. 

Anmerkung der Redaktion: Das Drama des Scheiterns beweist nur, dass Nobody perfekt ist, d.h. kein Mensch wie eine geölte Maschine ewig rund läuft. Insbesondere ein Wettkampf über die Distanz von 226 km unter Extrembedingungen bringt unkalkulierbare Risiken mit sich. Kein Athlet ist vor Wind, Wetter, Muskelkrämpfen, Verdauungsproblemen, taktischen Fehlern, Pannen, Stürzen etc. gefeit. Gut, wer in kritischen Phasen einen Plan B, C...im Kopf hat.

Annekdote am Rande: Frodeno klatsche bei seinem beschwerlichen Lauf überholende Amateure ab und feuerte Patrick Lange lauthals an: "Patrick, Junge, der stirbt! (Anmerk.: Lionel Sanders war gemeint). Den holst du dir, hol' ihn dir unter acht Stunden". Bei aller Rivalität offenbart die motivierende Geste, welch fairer Umgang untereinander gepflegt wird.

Beeindruckende Leistungsmessdaten von Lionel Sanders

Der Zweitplatzierte Lionel Sanders macht aus seinen Leistungsmessdaten im Gegensatz zu anderen Profis keinen Hehl. Die veröffentlichten Daten und deren Analyse vom Fachmagazin <Triathlon> lässt jedenfalls tief blicken. Sanders brannte eine Radzeit von 4:14:19 Stunden in den glühenden Asphalt von Hawaii, was eine Durchschnittgeschwindigkeit von 43,13 km/h entspricht. Hierfür brachte er unglaubliche 305 Watt Average Power (AP) bzw. 313 Watt Normalized Power (NP) auf die Pedalen. Die Differenz der beiden Werte zwischen Durchschnittsleistung und gewichteten Leistung spiegelt sich im VI (Variabilitätsindex) wider. Der Quotient aus NP:AP gibt Aufschluss darüber, mit welcher Konstanz die Leistung erbracht wurde. Faustregel: ein Wert unter 1.1 gilt als ausgezeichnet (u.a. abhängig vom Höhenprofil). Trotz 1500 Höhenmeter betrug bei Sanders der VI nur 1,03. In Relation zum Körpergewicht drückte er demnach eine Leistung von 4,13 Watt/kg auf die Kurbel, was in Anbetracht der außergewöhnlichen Bedingungen auf Hawaii eine Wahnsinnsleistung darstellt. Sanders Analyse geht noch weiter: er isolierte die Streckensequenz seiner Aufholjagd und stellte fest, dass er in diesem Bereich sogar 349 Watt NP (4,68 Watt/kg) leistete. Gerade auf Hawaii spielt Gleichmäßigkeit der Leistungsabgabe unterhalb des Schwellenwerts eine maßgebliche Rolle. Anaerobe Spitzen können sich zu späterem Zeitpunkt (Marathon) als böser Bummerang erweisen.

Streckenrekorde 

Beim 39. Ironman purzelten gleich mehrere Streckenrekorde. Neuer Rekordhalter der Gesamtzeit (8:01:39) ist Patrick Lange, der zudem die Rekordmarke der schnellsten Marathonzeit (2:39:45 h) hält (2016). Der bisherige Rad-Rekord von Norman Stadler (2006) wurde vom Australier Cameron Wurf  (4:12:54), dem Briten Lional Sanders (4:14:18 h) und Sebastian Kienle (4:14:57 h) gleich dreifach eingedampft.

Auch bei deutschen AK-Athleten wurden Iromman-Weltmeister gekürt. Im Sog der erfolgreichen deutschen Top-Profis schafften fünf deutsche Agegrouper - genau so viel wie im Vorjahr - den Sprung auf's Siegertreppchen. So verteidigte Christian Haupt in der Altersklasse der 35-39 jährigen seinen Titel erfolgreich (8:55:28 Stunden). Auch Martin Kurt Huhndorf - Agegroup 40-44 - (9:00:43 Stunden) sowie Wolfgang Schmatz - der in der 50er-AK seit vier Jahren den Rekord hält - errang in der Altersklasse 55-59 ( 9:52:35 Stunden) goldenes Edelmetall. 

Bei den Damen stiegen die Deutsche Julia Ertmer (AK 30-34/10:08:50) und Carmen Grosse (AK 55-59/10:48:16) ebenfalls auf's Siegerpodest. In der Agegroup 70-74 kam Jürgen Bäuerle in 13:27:43 Stunden auf Rang zwei.

Top 10 Pro Men

1 Patrick Lange DEU 48:45 4:28:53 2:40:00  08:01:40

2 Lionel Sanders CAN 53:41 4:14:18 2:51:53  08:04:07

3 David McNamee GBR 48:40 4:28:55 2:45:30  08:07:11

4 Sebastian Kienle DEU 53:44 4:14:57 2:57:12  08:09:59

5 James Cunnama ZAF 49:09 4:21:02 2:56:46  08:11:24

6 Terenzo Bozzone NZL 48:41 4:26:19 2:53:48  08:13:06

7 Andy Potts USA 49:01 4:31:02 2:50:27  08:14:43

8 Patrik Nilsson SWE 48:34 4:29:01 2:55:51  08:18:21

9 Ben Hoffman USA 48:52 4:22:00 3:04:16  08:19:26

10 Boris Stein DEU 53:48 4:23:59 3:00:42  08:22:24

Top 10 Pro Women

1 Daniela Ryf CHE 53:10 4:53:10 3:00:02  08:50:47

2 Lucy Charles GBR 48:48 4:58:19 3:08:09  08:59:38

3 Sarah Crowley AUS 53:07 4:57:51 3:05:37  09:01:38

4 Heather Jackson USA 57:58 4:53:55 3:06:19  09:02:29

5 Kaisa Sali FIN 57:53 4:59:50 3:01:34  09:04:40

6 Susie Cheetham GBR 57:54 5:03:27 3:09:26  09:16:00

7 Carrie Lester AUS 57:51 5:00:31 3:16:35  09:19:49

8 Liz Lyles USA 1:00:08 5:04:09 3:11:21  09:20:31

9 Annabel Luxford AUS 53:02 4:59:14 3:24:07  09:20:58

10 Jocelyn McCauley USA 54:31 5:04:33 3:16:42 09:21:08

Insgesamt nahmen rund 2400 Teilnehmer aus 66 Nationen teil.  

IRONMAN WORLD CHAMPIONSHIP 2016

Unglaublich, welches Feuerwerk deutsche Triathleten in Kailua-Kona abbrannten. Noch nie kam die Leistungsdichte unserer Weltklasse-Triathleten so eindrucksvoll zum Vorschein wie bei der 39. Auflage des Ironman World Championship. Von 57 Profis (14 DNF) war jeder fünfte Teilnehmer Deutscher. Nach dem fulminanten Dreifacherfolg von Thomas Hellriegel, Jürgen Zäck und Lothar Leder 1997 stand 19 Jahre später abermals ein deutsches Trio mit Jan Frodeno, Sebastian Kienle und Patrick Lange freudestrahlend auf dem Podium. Dank Frodenos Titelverteidigung ging nunmehr bereits der siebte Weltmeister-Titel an Deutschland, mit dem sich Champions als Mythos von Hawaii unsterblich verewigen. 

Siegerliste: Thomas Hellriegel (1997), Normann Stadler (2004/2006), Faris Al-Sultan (2005), Sebastian Kienle (2014) und Jan Frodeno (2015/2016). Da durch die Fünft- und Siebtplatzierten Andreas Böcherer und Boris Stein die Hälfte der Top-Ten-Plätze in deutscher Hand waren und obendrein Anja Beranek einen viel versprechenden vierten Platz belegte erweckt es den Anschein, als sei der legendäre Ironman-Klassiker zur deutschen Meisterschaft mit internationaler Beteiligung mutiert.

Erfolgreiche Titelverteidigung 

Jan Frodeno – Heroe der internationalen Triathlonszene - gab sich keine Blöße und wurde seiner Favoritenrolle gerecht. Als erster Deutscher gelang ihm auf Anhieb die erfolgreiche WM-Titelverteidigung. Standesgemäß hielten die Triathlon-Legenden - der Rekordsieger Dave Scott und Mark Allen - die den härtesten Triathlon der Welt jeweils sechsmal gewannen - das Zielbanner beim Einlauf von Jan Frodeno auf dem Alii Drive fest. Im Herzschlagfinale verwies Frodeno (08:06:30) seinen schärfsten Rivalen Sebastian Kienle (08:10:02) und den entfesselt laufenden Patrick Lange (08:11:14) auf die Plätze. Den 30 jährigen Hawaii-Debütanten Lange aus Darmstadt - Schützling des einstigen Hawaii-Siegers Faris Al-Sultan aus München - hatte wohl kaum jemand auf der Rechnung. Trotz 5 minütiger Penalty startete er bei seiner spektakulären Aufholjagd durch und katapultierte sich sensationell von Platz 24 auf Platz 3. Mit seiner Wahnsinns-Laufleistung von 2:39:45 Stunden pulverisierte er sogar den 27 Jahre alten Marathon-Streckenrekord des Amerikaners Mark Allen, weshalb er sich bei ihm an Ort und Stelle persönlich für die Enttrohnung "entschuldigte". Und das obwohl es für Lange seine allererste komplette Langdistanz war, weil in Texas – wo er sich qualifizierte - die Radstrecke auf 150 km verkürzt war. Am Ende musste sich der 32-Jährige Sebastian Kienle aus Mühlacker - seines Zeichens zweifacher Europameister und Hawaii-Triumphator von 2014 sowie 2016 Ironman Frankfurt Winner - musste sich mächtig sputen um nicht eingeholt zu werden.

Im Ziel brachte Kienle seinen Respekt gegenüber Frodeno fair zum Ausdruck: "Ich war heute wieder ganz klar der Erste - der erste Verfolger von Jan".

Die Dominanz der "Germans" untermauerten der 33 jährige Freiburger Andreas Böcherer und der 31 Jahre alte Boris Stein aus Eitelborn - der in 4:23:04 Stunden die Bestmarke im Radsplit setzte. Damit wiederholte sich das schwarz-rot-goldene Trio-Märchen auf Big Island zum zweiten Mal. 

Drama statt Happy-End: der Vorjahreszweite Andreas Raelert (Rostock) musste verletzungsbedingt vorzeitig aufgeben.

Medienpräsenz

Erstmals berichtete die Sportschau im Ersten live. Sieger-Interview. Dazu bot die hessenschau.de einen weltweit empfangbaren Livestream samt Liveticker. Reporter Dirk Froberg vom Hessischen Rundfunk und die Experten Stephan Vuckovic und Nicole Leder (beide mehrfache IRONMAN-Teilnehmer in Hawaii) ernteten für ihre kompetente wie unterhaltsame siebenstündige Non-Stopp-Moderation wahre Lobeshymnen. 

Keine Frage, der Triathlon Sport in Deutschland befindet sich im Steigflug - und das nicht erst seit heute. Angesichts der Traumresultate nährt es die Hoffnung, dass das Fernsehen dieser publikumsfreundlichen Sportart mehr Aufmerksamkeit in Form längerer Sendezeiten auf mehr Kanälen widmet. Medienpräsenz in Funk, Fernsehen und Presse ist nötig, damit eine breitere Öffentlichkeit das mediale Nischendasein dieser Ausdauersportart" beendet.

Qualifikationsphase 2017

Der Ironman Hawaii gilt mit Abstand nicht nur als bedeutsamster Triathlon, sondern auch als härtestes Eintagesevent weltweit. 3,86 km Schwimmen im aufgewühlten Pazifik, 180,2 km Radfahren auf dem Queen Kaahumanu Highway und ein Marathonlauf über 42,195 km durch hitzeflimmernde Lavafelder fordern ihren Tribut. Wie hoch die Qualifikationsanforderungen sind macht folgendes Zahlenbeispiel deutlich. Bis Ende September nahmen 2017 weltweit 260.000 Sportler an Ironman-Rennen teil, aber nur 2.400 Teilnehmer erfüllten die Qualinorm für die WM in Hawaii (Quote <1 %). Dem spannenden Wettbewerb fiebern Athleten, Betreuer, Presse, Funk und Fernsehen, Angehörige, Freunde und Fans mit jedem Tag ungeduldiger entgegen. Wird Superstar Jan Frodeno der sensationelle Hattrick gelingen oder werden Sebastian Kienle, Patrick Lange bzw. ein anderer Mitfavorit ihn beerben? Als Triathon-Infizierter kann man es kaum erwarten am 14. Oktober live mitzuverfolgen, wessen Häupter von legendären Lorbeerkränzen geschmückt werden. Auch die Schweizerin Daniela Ryf - wie Frodeno ebenfalls 2015/2016 Doppelsieger der Ironman World Championship - kann das Triple schaffen und ihren dritten Sieg in Folge in trockene Tücher packen.

Dominanz deutscher Weltklasse-Triathleten

Trotz "Heimspiel" blieb den Amerikanern bei der IRONMAN WORLD CHAMPIONSHIP seit 2002 ein prestigeträchtiger Sieg verwehrt. Umso mehr triumphieren deutsche Athleten, die seit 2014 viermal in Folge den Weltmeistertitel ergatterten, bzw. seit dem Jahr 2000 insgesamt 20 mal auf dem Podium standen. Patrick Lange: „Es wurmt sie, dass wir Deutsche überall die großen Rennen gewinnen. Sie haben die Messer gewetzt“. Frodeno im ARD-Interview (10/2016): "Es liegen einige spannende Jahre für Triathlon-Deutschland vor uns",auf Big Island. "Die Spitze ist zusammengerückt." Fans und Zuschauer können sich daüber nur freuen, weil es die Spannung pusht.

Jan Frodeno, Sebastian Kienle und Patrick Lange werden wie gehabt in bestechender Form antreten, doch die wiedererstarkte internationale Konkurrenz schläft nicht. Patrick Lange gab der "Hessenschau" zu Protokoll, dass es Frodeno zu jagen gilt. Auch wenn sich der Favoritenkreis um den Kanadier Lionel Sanders erweitert hat werden sich die "Jäger" aller Voraussicht nach die Zähne an Frodeno ausbeißen. Trotz alledem: der kanadische Shooting-Star gibt auf Hawaii zwar sein Debüt, aber beim Ironman Arizona setzte er mit der neuen Ironman-Weltbestzeit von 7.44.29 Stunden eine überragende Benchmark (auch wenn Jan Frodeno weiterhin die Langdistanz-Bestzeit von 7:35:39 - aufgestellt 2016 bei der Challenge Roth) - hält. Podiumsanwärter bzw. Top-Five-Kandidaten gibt es nicht wenige. Brent McMahon (CAN), Boris Stein, Nils Frommhold (D), Frederik Van Lierde (BEL), James Cunnama (RSA), Nick Kastelein (AUS), Bart Aernouts (BEL), Andy Potts (USA), David McNamee (GBR), Ben Hoffmann (USA) und Matt Hanson (USA) - alles Namen, die man auf dem Schirm haben sollte. Dabei dürfte allen gemein sein: wittern die Jäger ihre Chance werden "animalische" Instinkte gnadenlos zum Angriff blasen. 

Dank Frodenos Titelverteidigung ging bereits der siebte WM-Titel an Deutschland, mit dem sich die Champions als Mythos von Hawaii unsterblich verewigen. Nach dem sensationellen Dreifach-Triumph von Jan Frodeno, Sebastian Kienle und Patrick Lange 2016 lastet auf den deutschen Pro's enormer Erfolgsdruck. Umso spannender die Gretchenfrage nach dem neuen King of Kona, bzw. wie sich die Top-Favoriten schlagen werden?

Wenngleich Überflieger Frodeno direkte Wettkämpfe mit seinen schärfsten Widersachern in dieser Saison scheute und sich nicht in die Karten schauen ließ, bestätigte er nichts desto weniger seine unangefochtene Leistungsdominanz beim Ironman Austria in Klagenfurt, Ironman 70.3 Barcelona und dem Allgäu Triathlon eindrucksvoll.

Soviel steht fest: das 1.94 m große und 76 kg schwere Kraftpacket verschiebt seit Jahren Grenzen und setzt neue Limits, wobei das deutsche Duell mit Erzrivale Sebastian Kienle und neuerdings Patrick Lange die Motivation gegenseitig anheizt. Die sportliche Rivalität unter den deutschen Pro's, die von Fairness, Respekt und gegenseitiger Akzeptanz gekennzeichnet ist, spornt zu unglaublichen Spitzenleistungen an. Nach wie vor wird der Titelverteidiger schwer zu schlagen sein, d.h. er ist und bleibt der unumstrittene Favorit. Ob der Heroe der internationalen Triathlonszene die Vorschusslorbeeren verdient, wird sich zeigen. Mit dem Triple auf Hawaii wäre Jan Frodeno jedenfalls der erste Deutsche der dreimal in Folge die Triathlon-WM der Langdistanz gewonnen hätte. Überhaupt gelang ein Hattrick bisher erst zwei Eisenmännern: Dave Scott (USA) landete zwischen 1982 und 1984 einen Dreifach-Erfolg, während Mark Allen (USA) in den 90er-Jahren die Ironman-Szene dominierte und gleich fünf Mal in Folge auf Hawaii gewann. 

Klar ist aber auch, dass kein Sportler vor taktischen Fehlern, Defekten, Verdauungsprobleme, mangelnde Energiezufuhr oder Schwächephasen hundert Prozent gefeit ist. Schon gar nicht auf Big Island, wo extremer Wellengang, feuchtheißes Klima und böige Winde unberechenbare Komponenten sind, die in dieser Ausprägung woanders so nicht existieren. Aber gerade wegen der Extrembedingungen, die dem Körper alles abverlangen werden die Teilnehmer umso mehr von Respekt und Demut ergriffen. Der Zieleinlauf auf dem Alii Drive brennt sich als unvergesslicher Moment in die Gehirnwindungen ein. Für jeden Finisher ein Meilenstein im Leben der als unbezahlbares Geschenk empfunden wird.

Wohlwissend um die Fähigkeiten seiner schärfsten Konkurrenten, kann die Renntaktik von Frodeno eigentlich nur sein das Heil in der Flucht zu suchen, d.h. sich frühzeitig abzusetzen um einen Vorsprung heraus zu fahren. Läuferisch gibt es - allen voran Patrick Lange - nämlich einige Kandidaten, die ihm Paroli bieten können. Die Tatsache, dass Boris Stein letztes Jahr mit über sechs Minuten Rückstand nach dem Schwimmen die Führungsgruppe bereits am Rad-Wendepunkt einholte bzw. Patrick Lange zum Schluss heranbrauste und Streckenrekord lief beweist, dass es im Triathlon keine "Vorentscheidungen" bzw. verwaltbare Vorsprünge gibt, sondern der Wettkampf über die volle Distanz bis zur Zielflagge dramatisch spannend bleibt. Dass dem so ist, bewies Sebastian Kienle bei all seinen Hawaiistarts wo er trotz großer Zeitrückstände die Spitzengruppe auf dem Rad einholte. Die lässt auf knisternde Spannung hoffen. Angriff mag je nach Rennsituation vielleicht die beste Verteidigung sein, allerdings ist die Angriffstaktik ein zweischneidiges Schwert. Gelingt es das Rennen von vorne zu diktieren und offensiv zu gestalten, entgeht man zwar am ehesten einem mörderisch harten Schlagabtausch. Agieren statt Reagieren vermag den Druck auf die Verfolger erhöhen, doch andererseits kann eine gewagte Soloflucht zuviel Substanzverlust verursachen der sich beim Marathon als halsbrecherischer Bummerang bemerkbar macht. Eine difizile Gradwanderung, die eines guten Körpergefühls, cleverer Racetaktik, feines Gespür und rationales Kalkül verlangt, um Akzente klug zu platzieren bzw. gegnerische Attacken effizient zu kontern. Deshalb gibt es so schwerlich eine planbare Strategie, vielmehr beeinflussen bzw. begrenzen äußere Bedingungen sowie das aktuelle Renngeschehen den eigenen Handlungsspielraum. 

Bei seiner Pressekonferenz, bestätigte der Olympiasieger von 2008 und amtierende Weltmeister seine Offensiv-Strategie: "Ich weiß, dass wir mit Lionel Sanders einen Überbiker im Feld haben, der die Renndynamik erheblich beeinflussen könnte. Patrick Lange und Patrik Nilsson sind außerdem sicherlich in der Lage, den Marathon hier unter 2:40 Stunden zu laufen. Mein Plan ist deshalb, schon beim Schwimmen mit einer möglichst kleinen Gruppe aus dem Wasser zu kommen und auf dem Rad zu vermeiden, dass eine große Gruppe gemeinsam in die zweite Wechselzone rollt."  Im Hinblick ob die Rechnung aufgeht wird die aggressive Renngestaltung des Titelverteidigers ganz bestimmt für dramatische Hochspannung über die volle Distanz sorgen.

Seinen Äußerungen gegenüber der <BamS> zu urteilen ist Frodenos Siegeswille ungebrochen - er scheint buchstäblich ins Insel-Vulkangestein gemeißelt zu sein: „Für mich bedeutet ein zweiter Platz Niederlage, Demütigung, Versagen. Ich fahre nur dahin, um das Rennen zu gewinnen. Alles andere blende ich aus“. Seine Aussage gegenüber der BILD: „Das mag ein wenig arrogant klingen, aber ich weiß: Mental bin ich stark, und im Triathlon habe ich eigentlich keine Schwächen“. Aussagen, die geradezu vor Selbstbewusstsein strotzen. Sollen sie ruhig kommen: Für Jan Frodeno müssen Kienle, Lange, Sanders und all die anderen beweisen, dass sie in der Lage sind, ihn zu schlagen. Sogar die Möglichkeit einer Sprint-Entscheidung zieht der Ironman-Weltmeister im Interview mit triathlonTV in Betracht. Eine Kampfansage, die unmissverständlicher nicht formuliert werden kann.

Vize-Weltmeister und Europameister Sebastian Kienle (33) präsentierte sich in dieser Saison erwartungsgemäß in exzellenter Bestform, weswegen er auch dieses Jahr wieder zum engsten Favoritenkreis gehört. Immerhin wurde Kienle beim Ironman Frankfurt im Juli zum dritten Mal Europameister und verteidigte erfolgreich seinen Titel. Sollte er auf den Spitzenreiter in seiner schwächsten Disziplin Schwimmen nicht allzu viel Zeit verlieren bzw. bei der Aufholjagd im Sattel sich nicht allzu heftig verausgaben, sollten die Körner für ein hoch dramatisches Kopf an Kopf Rennen beim Marathon ausreichen - freilich ohne vohersagen zu können, wem das Glück hold an der Finishline hold sein wird.

Patrick Lange - das Laufwunder - kann dieses Jahr nicht mehr als Underdog unter dem Radar seiner Konkurrenten unbemerkt agieren, so wie er 2016 sprichwörtlich das Pferd von hinten aufsäumte. Sein läuferisches Potential ist seitdem gefürchtet. Bleibt er beim Schwimmen und Radfahren auf Tuchfühlung zur Spitze und verpulvert nicht seine letzten Körner ist Lange definitiv ein Siegkandidat. Wer Lange im Nacken sitzen hat, der muss mit unangenehmen Psychodruck klar kommen. Doch im Gegensatz zum letzten Jahr ist die lauernde Gefahr kein Geheimnis mehr.

Die Zeichen stehen nicht schlecht, dass weitere deutsche Pro's in den Top Ten landen. Allen voran Boris Stein (2016 Siebtplatzierter, der in 4:23:04 Stunden die Bestmarke im Radsplit setzte und 2017 drei Siege bei europäischen Mitteldistanzen Challenge Heilbronn, Ironman 70.3 Gyndia, Ironman 70.3 Zell am See vorweisen kann).

Hinter Nils Frommhold (31) steht dagegen ein Fragezeichen, nachdem er 2014 Sechster war, 2015 nur 52. wurde und 2016 verletzungsbedingt auf Hawaii verzichtete. Nichtsdestotrotz zeigt 2017 seine Formkurve steil nach oben (Ironman Südafrika zweiter Platz, Sieg beim Ironman 70.3 St. Pölten sowie Drittplatzierter beim Ironman-70.3-EM) was womöglich sogar auf ein Top Five Resultat hoffen lässt. 

Leider keine Fake News: Andi Böcherers Hiobsbotschaft (2016 Fünftplatzierter) schlug ein wie eine Bombe. Wegen einer Wettkampfverletzung beim Ironman 70.3 Santa Cruz in Kalifornien (10.09.2017) musste er in der heißen Vorbereitungsphase enttäuscht die Segel für Hawaii streichen. 

Optimierung um jeden Preis

Wer glaubt, beim härtesten Triathlon der Welt sich in Sachen Material durchschlagende Wettbewerbsvorteile verschaffen zu können, der irrt. Denn mittlerweile sind nicht nur die Profis hoch professionell equiped, sondern selbst das Heer semiprofessionellen Amateure hat in punkto Material hochgerüstet und überlässt beim Set-Up nichts dem Zufall. Genauso wie die physische Leistungsfähigkeit diszipliniert performt wird, wird Material getestet, feinoptimiert und aussortiert. Ob Profi oder Agegrouper: es werden keine Mühen gescheut akribisch an der Schwimm- Rad- und Laufperformance zu arbeiten. Manches von dem mag sich als Placebo erweisen - aber immerhin, wenn's der Psyche hilft ist auch was gewonnen. Professionelles Bikefitting, Leistungsdiagnostik und strukturierter Trainingsplan gehören heutzutage zumindest für jene Triathleten zur Normalität, die sich zur Ironman-Weltmeisterschaft qualfizieren möchten. Lionel Sanders (CAN) verfügt sogar einen Endless-Pool, in dem er zuhause Schwimmeinheiten simmuliert. Manche Profis wie z.B. Frodeno tüfteln im teuren Windkanal an der optimalen Sitzposition. Gerade die Langdistanz bietet unheimlich viele Stellschrauben einer ständigen Optimierung. Angefangen vom Neo über das Rennrad bis hin zum Laufschuh. Ausländische Profis verorten die Dominanz der Deutschen ein stückweit mit ihrer Perfektionsbessenheit. Allerdings besteht bei der komplexen Performance-Optimierung die Gefahr, dass man sich bei der Sisyphusarbeit heillos verzettelt und der Schuß nach hinten losgeht. Wie Sebastian Kienle bemerkte, hat er an vielen Stellschrauben ein bisschen gedreht, ohne sie jedoch über zu drehen.

Deutsche Hawaii-Sieger

  • Thomas Hellriegel (1997)
  • Normann Stadler (2004 + 2006)
  • Faris Al-Sultan (2005)
  • Sebastian Kienle (2014)
  • Jan Frodeno (2015 + 2016)
  • Patrick Lange (2017)

Der Favoriten-Check sowie Favoritinnen-Check vom Tritime-Magazin offenbart auf Grundlage von IRONMAN bzw. IRONMAN 70.3-Ergebnissen die aktuelle Formkurve der Weltklasse-Triathleten, was wiederum Rückschlüsse für die Erfolgsaussichten zur WM zulässt. ZDF-Sportreportage: Formcheck

Ähnlich wie Jan Frodeno bei den Männern dominiert Daniela Ryf aus Solothurn (Schweiz) - Doppelsiegerin der Ironman World Championship (2015/2016) - die Kategorie der Damen, weshalb ihr die unangefochtene Favoritenrolle zufällt. Sofern sie sich keine größeren Schnitzer leistet trauen Experten der "Eisen-Frau" ohne Umschweife den dritten Sieg in Folge zu.  

Bei den deutschen Frauen liegen die Hoffnungen auf die Nürnbergerin Anja Beranek, die letztes Jahr Viertplatzierte war.

Fernseh-Übertragung + Exklusiv-Livestream

Die Erfolgsbilanz der deutschen Triathleten ist erstaunlich, weshalb sich das hiesige Interesse am härtesten Langdistanzrennen der Welt enorm gesteigert hat. Wie sehr Triathlon boomt zeigt die öffentliche Begeisterungswelle und das gewaltige Medieninteresse. Weltweit wird mit 500 Millionen TV-Zuschauer gerechnet. Erstmalig wird der Ironman Hawaii auch im US-Fernsehen übertragen. 

Die Triathlon-Weltmeisterschaft wird am 14. Oktober 2017 von 18:30 Uhr bis 1:00 Uhr deutscher Zeit exklusiv als Livestream aus Hawaii/USA angeboten  - kommentiert von Martin Schneider und Ex-Weltmeister Daniel Unger. Im Anschluss an das aktuelle Sportstudio im ZDF, wird der Wettkampf zudem im Fernsehprogramm ab 0:25 Uhr übertragen. Nach einer ca. 25 minütigen Kurzzusammenfassung des bisherigen Rennverlaufs moderieren Reporter Marc Windgassen sowie Co-Kommentator und Profi-Triathlet Andreas Raelert Live das Renngeschehen. Der fünfmalige Podiums-Finisher auf Big Island verfügt die nötige Expertise um die Zuschauer am Laufenden zu halten. Auch wenn er 2016 verletzungsbedingt aufgeben musste, geht schon heute der Blick hinaus in Richtung Ironman Hawaii 2018 wo er wieder starten möchte.

Der emotionale Film <Mythos Hawaii - Der härteste Triathlon der Welt> erzählt Erfolgsgeschichten aber auch mitreißende Dramen, zeigt Rückblicke und begleitet Teilnehmer wie z.B. Jan Frodeno, Sebastian Kienle bis hin zum Tagesthemen-Sprecher Thorsten Schröder:  ARD Mediathek

Startzeiten (Hawaii-Ortszeit - 12 Stunden Zeitverschiebung zu MESZ)

  • 6:35 Uhr: Profi Männer
  • 6:40 Uhr: Profi Frauen
  • 7:05 Uhr: Altersklassen Männer
  • 7:20 Uhr: Altersklassen Frauen

Vorberichterstattung, 7.10.2017, ARD 19.00 Uhr: <Mythos Hawaii – der härteste Triathlon der Welt>

Hawaii - Mythos zwischen Himmel und Hölle

Der Kampf gegen die Naturelemente schließt den Kampf gegen sich selbst mit ein. Die Selbstbestätigung über mentales Standing - sprich Durchhaltevermögen - den inneren Schweinehund am Rand seiner Leistungsfähigkeit schmerzvoll bezwungen zu haben - wirkt gleichwohl motivierend und befriedigend aber auch suchtfördernd. Ist man erst mal dem Triathlon-Virus hoffnungslos verfallen setzt es i.d.R. eine Leistungsspirale in Gang. Schlussendlich macht es jenen Reiz und Faszination des Triathlonsports aus, die den Athleten nicht mehr los lässt. Vor allem "Agegrouper" die bei aller Mehrfachbelastung von Familie, Vollzeitjob und zeitraubendes Trainingspensum die Qualinorm erfüllen und mitunter sogar Profis den Rang streitig machen gebührt allergrößter Respekt. Man denke nur an den Peißenberger Lukas Krämer - wegen seines Outfits auch der Mann mit der Lederhose genannt – der 2016 als weltweit schnellster Agegrouper mit 8:47:02 (31. Gesamtrang) eine Fabelzeit ins heiße Lavagestein brannte was zeigt, wie eng das Leistungsniveau von Profis und Amateuren zusammen liegt.

Der ultimative "Befähigungsnachweis" zur Teilnahme bei der Triathlon-WM in Hawaii hing für Tagesschausprecher Thorsten Schröder am seidenen Faden. So fehlten ihm am 11. Juli beim Ironman Frankfurt ganze 93 Sekunden für's "Hawaii-Ticket". Obwohl der Ironman Hamburg bereits 5 Wochen später stattfand und damit die Regenerationszeit viel zu kurz war unternahm er einen - an und für sich aussichtslosen (Harrakiri-) Versuch. Schröder: „Da es eigentlich unmöglich ist, nach nur fünf Wochen erneut einen Ironman erfolgreich zu laufen, bin ich nicht davon ausgegangen, dass es in Hamburg noch klappt.“ Er finishte zwar in 9:45 h, landete aber in seiner hochklassig besetzten Altersgruppe auf Platz 6 (bei fünf „Slots“). Seine Startberechtigung für Hawaii hat er einzig dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass ein Qualifikant am nächsten Tag auf die Anmeldung verzichtete. Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass der unerschütterlich Glaube an sich selbst Berge versetzt bzw. dass es sich lohnt nach einer Niederlage aufzustehen und die Flinte nicht ins Korn zu schmeißen. In diesem Fall hat dann noch die Glücksfee nachgeholfen.

Die Agegrouper machen im Teilnehmerfeld 96.2% aus,  d.h. 3.8% verfügen Profistatus (2017: ?  56 + ?  39 Profis). 

Die Germans knacken mit 214 Teilnehmern locker die 200er-Marke für die Ironman World Championship 2017, womit der Teilnehmer-Aufwärtstrend aus Deutschland ungebrochen ist. Nach 2016 (194 Starter), 2015 (178 Starter) und 2014 (174 Starter) sind zum vierten Mal in Folge die Teilnehmerzahlen aus Deutschland gestiegen. Aufteilung: ?  169 + ? 45)

Teilnehmer aus Oberbayern / Oberpfalz

Die dreifache Ironman-Siegerin Sonja Tajsich (41) aus Eilsbrunn nahe Regensburg startet nach zweijähriger (Baby- und Verletzungs-) Pause ein Überraschungs-Comeback (Bild oben: CHALLENGEFORTWO, Regensburg, 13.08.2017) . Eigentlich hatte sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes Julia mit ihrer erfolgreichen Triathlonkarriere abgeschlossen bzw. als Event-Veranstalterin des Challenge Regensburg sozusagen die Seiten gewechselt. Für den plötzlichen Sinneswandel sorgte ihre Tochter Lisa die sie ermunterte wieder aktiv ins Renngeschehen einzusteigen. 

Rückblick: die sympathische Triathletin schrammte 2012 in Kailua-Kona schon mal als Vierte (beste Deutsche) knapp am Podium vorbei. Ein Finish in Hawaii würde nicht nur ihre 30th Langdistanzfinish besiegeln (aufschlussreiche Prerace-Interviews siehe Seitenende) sondern für sie die erlittene "DNF-Scharte" von 2013 ausmerzen. Nachdem Sonja Tajsich am 28. Mai 2017 in Brasilien als Überraschungszweite den Anker für die Quali setzte und beim Ironman Frankfurt fehlende Points einsammelte ist man geneigt, das Understatement eher als Minimalziel zu verstehen. Wenngleich sie ohne Erwartungsdruck - weder von außen noch sich selbst gegenüber - locker flockig auflaufen kann, liebäugelt sie dennoch mit einer Top Ten Platzierung. Wie man sieht, lodern also die Race-Gene noch. In Anbetracht ihrer hervorragenden Leistungsdaten und mentalen Power ist ihr eine Top Platzierung durchaus zuzutrauen. Dabei spielt die sechsmalige Teilnahme bei der Ironman-WM ihr bestimmt in die Karten. Ein Joker, den die wenigsten Pro's im Damenfeld zücken können. Das Schielen auf's Podium scheint vermessen - aber wer weiß, vielleicht erweist sich ihre Startnummer 126 als Glückslos und erwischt den perfect day. Good Luck!

Sonja Tajsich - Die Ironlady aus der Oberpfalz

Ein weiterer Oberpfälzer mischt unter den Altersklassen-Athleten kräftig mit. Der 55 jährige Amberger Wolfgang Schmatz startet zum 10. Mal in Hawaii und siegte bereits zweimal in seiner AK. Seine persönliche Bestzeit - aufgestellt 2016 auf Mallorca - liegt bei 9.03.21 Stunden. Dieses Jahr ist er in die AK der 55-59 jährigen gerutscht. Man darf gespannt sein, wie er sich in dieser AK schlagen wird.

Jan Selnes -  Triathlet und bunter Paradiesvogel - zierte schon als "Foto des Monats" die Pinwand von Bayernbike. Der gebürtige Berliner ist beileibe nicht nur ein sympathischer Spaßvogel, der sich das Hawaii-Motto „Hang loose“, (locker bleiben) zu eigen machte, sondern er ist vor allem ein äußerst zäher Bursche. Demnach war Sport schon immer seine Passion. „Es gibt fast nichts, das ich nicht ausprobiert habe“, sagt Selnes. Für den Bad Tölzer Triathleten bedeutet Hawaii nicht allein die Challenge am Limit bei der IRONMAN World Championship, sondern auch ein stückweit privates Lebensglück. So hat er auf der fernen Pazifikinsel erneut seine Frau geheiratet. Die beeindruckende Vita des "Wahl-Oberbayers" weist 18 Ironman-Teilnahmen aus, wobei die persönliche Bestleistung in der Langdistanz (3,86 km Schwimmen, 180,2 km Radfahren und 42,195 km Laufen) bei 9:37 Stunden liegt (2013 Roth). Weil er gegenüber sich selbst hohe sportliche Ansprüche stellt und mit der letzten Wettkampfleistung unzufrieden war möchte er es noch mal wissen und die Scharte am 6.10.2019 beim Ironman Barcelona ausmerzen. Der Hobby-Triathlet aus Leidenschaft kann sonst nicht guten Gewissens von der sportlichen Arena abtreten. Dazu Jan Selnes: „Ich bin sauer auf mich, dass ich nicht abrufen konnte, was ich wollte.“ Wir wünschen dem sympathischen 57-jährigen Tausendsassa und Eisenflechter sportlich wie beruflich und privat viel Erfolg und alles Gute für die Zukunft. Ironman Hawaii 2017 Prerace-Interview

 Jan Frodeno

Jan Frodeno (Olympiasieger 2008) entwickelt sich zum Rekord-Titelträger. Als erster Deutscher gelangen ihm die Titelverteidung auf Hawaii. Zwei Hawaii-Siege hatte bislang nur Norman Stadler (2004/2006) zu verzeichnen. Nach dem zweiten Triumph ist Frodeno auf dem besten Weg ebenso eine Legende zu werden wie die sechsmaligen Hawaii-Sieger Dave Scott und Mark Allen.

Der 17. Juli 2016 ging in die Analen der Triathlongeschichte ein, als dem 34 jährigen Ausnahmetalent beim Challenge-Roth das Meisterstück gelang die bisherige Weltbestmarke in der Langdistanz - aufgestellt vom Rostocker Andreas Raelert - um knapp sechs Minuten zu unterbieten (7:35:39 Stunden), womit er die Leistungsgrenzen in eine neue Dimension verschob. Schneller hat bislang noch nie ein Triathlet auf der Welt die Langdistanz bewältigt. Frodenos schärfste Widersacher folgten im Abstand von mehr als 20 Minuten (Joe Skipper, 7:56:23, und Vorjahressieger Nils Frommhold (7:57:49). Nach dem Doppelsieg auf Hawaii scheinen dem Modell-Athleten allmählich die Ziele auszugehen, weil er nahezu alles im Triathlon gewonnen hat was es zu gewinnen gibt. Er ist Doppel-Weltmeister, Olympiasieger und Weltrekordhalter.

Timo Bracht aus Eberbach sieht Frodeno in einer anderen Liga: „Er ist eine Kategorie wie Usain Bolt über 100 Meter - da steht der Sieger auch vor dem Start fest“. Er sagte bei seiner 14. Teilnahme auf Hawaii: „Jan ist der schnellste Schwimmer, der schnellste Radfahrer, der schnellste Läufer - das wäre so, als wenn im Fußball auf jeder Position Manuel Neuer spielen würde.“

Mythos Hawaii

Seit seiner Premiere im Jahr 1978 übt der Ironman auf Hawaii auf Athleten wie Fans eine magnetisierende Faszination aus. Der härteste Triathlon-Wettbewerb der Welt ist Mythos, brachiale Herausforderung und Hammererlebnis zugleich. Ein grenzwertiger Kampf gegen Naturgewalten, Konkurrenten und vor allem mit dem eigenen Ich, bei dem der innere Schweinehund niederzuringen ist - das Wesensmerkmal dieser unvergesslichen Challenge.

Swim

Der Startschuß fällt am kleinen Strand vis a vis der Kaimauer in der Bucht von Kailua-Kona. Dann wird parallel zur Küste bis zum Wendepunkt und wieder zurück im Pazifik - manchmal mit erheblichem Wellengang - 3.86 km geschwommen.

Bike

Nach der Wechselzone geht es auf dem Queen Kaahumanu Highway Richtung Norden auf die 180,2 km lange Radstrecke. Die berühmt berüchtigte Radstrecke ist neben der üblichen Glutofenhitze wegen ihrer böigen Winde tückisch. Nachdem das Stadtgebiet (15 km) verlassen wird, geht es auf dem Queen Kaahumanu Highway Richtung Norden. Bis zum Wendepunkt ist das wellige Terrain durch heiße Lavafelder sowie der Anstieg nach Hawi (höchster Streckenpunkt 200 m.ü.M.) extrem fordernd. Auf dem Rückweg werden in den geraden Gefällpassagen Spitzengeschwindigkeiten bis zu 100 km/h erreicht. Je nach Windrichtung, taktischen Spielchen und Verausgabung besteht die Gefahr jene Körner zu verbrennen die womöglich für den Split in der dritten Disziplin des Ironman Hawaii - dem anschließenden Marathon - fehlen. 

Run

Der 42,195 km lange Marathon beginnt gleich mal mit einem schweißtreibenden Anstieg die Palani Road hinauf, führt dann in südlicher Richtung weiter bis zum Wendepunkt Keauhou Beach von wo es wieder zurück geht. Nach stundenlangen Qualen fühlt man sich nach der zuschauerumsäumten Zieldurchquerung auf dem Alii Drive im Paradies angekommen.

Mentale Stärke

Jedes Jahr versuchen abertausende Triathleten weltweit bei IRONMAN oder IRONMAN 70.3 - Wettkämpfen ein begehrtes Ticket für die prestigeträchtige WM-Teilnahme auf Hawaii zu lösen. Wie hoch die Qualifikationshürde tatsächlich ist, bei der selbst strukturierte Trainingsvorbereitung, brennender Ehrgeiz und disziplinierte Lebensweise keinen Freifahrtsschein für einen Startplatz ausstellt, macht folgendes Zahlenbeispiel deutlich. Bis Anfang Oktober nahmen 2017 weltweit 260.000 Sportler an einem Ironman-Rennen teil. Nur die schnellsten Teilnehmer (2.400) ergattern ein WM-Startticket für Hawaii (Quote <1 %).

Expertentalk zum Thema HAWAII-QUALIFIKATION

Andererseits gewährleistet der Ausleseprozess, dass nur die weltbesten Triathleten auf dem berühmten Alii Drive am Pier der Bucht von Kailua Kona endorphingeschwängert über die Finishline laufen. Ein brutal hartes Rennen, das dem Finisherkreis ein elitäres Image mit unsterblichem Nimbus verschafft und Zeugins über unbeugsame mentale (Man-/Woman-) Power ausstellt.

Wer letztlich an der Finishline die Nase vorne hat, entscheiden neben einer obligatorischen Topform zudem auch die Tagesform, Nervenstärke, Renntaktik sowie ein Quäntchen Glück. Allesamt Attribute, die im Hinblick der Leistungsdichte den Grundstein für einen Wettkampferfolg legen und meistens das Zünglein an der Waage spielen. 

Stundenlange Qualen verflüchtigen sich beim Überqueren der Finishline in Schall und Rauch. Sobald der magische Spruch des Streckensprechers Mike Reilly „You are an Ironman!“ akustisch wahrgenommen ist quasi der Ritterschlag besiegelt, der Finisher posthum in den Olymp des Triathlonsports - hievt. Nicht nur Laien fragen reflexhaft: Warum macht man sowas freiwillig und bezahlt obendrein eine Stange Geld für Schmerz und Qualen Auch Athleten stellen sich des öfteren selbstkritisch Sinnfragen warum man sich derart Verrücktes ohne monetäre Vorteile antut? Rationale Gründe wird man vergeblich suchen. Hawaii ist pure Emotion - pure Leidenschaft. Es sind also emotionale Aspekte, die das Leistungsstreben bis zum Limit beflügeln. Im Ziel brechen Gefühle wie ein Vulkanausbruch offen aus. Jener Moment, der Selbstzweifel pulverisiert, innere Genugtung verschafft und die Frage nach dem Warum vollumfänglich beantwortet.

Alte Hasen wissen haargenau, dass Hawaii aufgrund dieser speziellen Bedingungen eigene Regeln schreibt. Es gibt jede Menge Tücken und Fallgruben, in die besonders Rookies, die glauben "unverwundbar" zu sein  meist ahnungslos hineintapsen. Übliches  "Lehrgeld" das Debütanten schmerzvoll zahlen. So gleicht das Schwimmen einem Hauen und Stechen, wenn über 2000 Athleten auf engstem Raum in der schmalen Bucht kraulend die Wendeboje anpeilen. 

Bei der zweiten Disziplin - 180 km Radfahren - droht Ungemach in Sachen Windschattenfahren. Die enorme Leistungsdichte führt zur unvermeidbaren Gruppenbildung, was die Gefahr in einen Windschattensog zu kommen und dadurch in einen zu geringen Abstand zum Vordermann hinein geraten, drastisch erhöht. 

Zu Guter Letzt verschärft der Marathonlauf bei glühender Hitze in den Lavafeldern den Ausleseprozess. Übermotivation, falsche Renntaktik oder unzureichende Energieversorgung - schon kann es dem Athleten abrupt den Stecker ziehen. Unvorhersehbare Ereignisse liegen sowieso in der Natur dieses Drei-Diziplinen-Wettkampfs. Zu schnell angegangen und überpaced, Verdauungsprobleme (Durchfall), Fehler in der Energiezufuhr (Dehydration) oder eine aufgebrummte Zeitstrafe - whatever - es kann so viel passieren, dass der wichtigste Wettkampf des Jahres oder gar des Lebens zum unvergesslichen Drama verwandeln kann. Wer zuviel riskiert kann viel gewinnen aber auch alles verlieren - eine Gradwanderung die einem Ritt auf der Kanonenkugel gleicht. Keine Frage, Hawaii schreibt Erfolgsstories wie herzzerreißende Dramen. Der Spalt zwischen Sieg und Niederlage, d.h. abgrundtiefer Enttäuschung und grenzenloser Glückseeligkeit könnte bei der grenzwertigen Extrembelastung kleiner nicht sein. Alles in allem: der Ausgang des elend langen Wettkampftages bleibt bis zum Finsih ungewiss, d.h. ein DNF schwingt immer mit. Dabei gilt der unumstössliche Grundsatz: beim Ironman gibt es grundsätzlich keine "Verlierer"!

History

Hawaii ist schon deshalb einzigartig, weil 1978 hier der Urknall im Triathlonsport erhallte. Aus einer spaßigen Wette zwischen Schwimmer, Läufer und Radfahrer, wer wohl der Fitteste sei - entwickelte sich Triathlon zu einer Sportart die Millionen von Anhängern in der Welt in ihren Bann zieht.

Der erste Ironman fand am 18. Februar 1978 auf Hawaii mit 15 Teilnehmern statt, der bis 1980 auf Oahu - eine der acht Hauptinseln - und seit 1981 auf Big Island in Kailua-Kona ausgetragen wird. Der IRONMAN Hawaii gilt nicht nur als populärster, spektakulärster, prestigeträchtigster und legendärster Triathlon über die klassische Langdistanz der Welt, sondern ist gleichzeitig auch der älteste. 1982 wurden zwei Rennen veranstaltet, daher 2017 der 41. Wettbewerb. Seit 2006 ist der IRONMAN Hawaii die offizielle IRONMAN Triathlon Weltmeisterschaft. Mit 2401 Athleten stand zur Ironman World Championship 2016 das bisher größte Aufgebot an Athleten aus aller Welt am Start. Das Durchschnittsalter betrug 43 Jahre. Ältester Teilnehmer war mit 83 Jahren Hiromu Inada aus Japan, jüngster Teilnehmer mit 19 Jahren Hiraya Shun (Japan). 70 % der Athleten(1683) waren männlich,  30 % (718) weiblich.

Statistik

Der Startschuss zur 41. Austragung (seit 1978 - erste Veranstaltungen fanden auf Oahu statt) der Ironman World Championship auf Hawaii fällt am 14. Oktober punkt 6.35 Uhr Ortszeit. 

Von 39 Profidamen nehmen neben der Titelverteidgerin Daniela Ryf (CH) die Deutschen Anja Beranek, Astrid Stienen, Kristin Möller, Sonja Tajsich, Mareen Hufe, Diana Riesler und Katharina Grohmann teil.

Von 56 Profiherren nehmen neben dem Titelverteidiger Jan Frodeno die Deutschen Sebastian Kienle, Patrick Lange, Boris Stein, Nils Frommhold, Marc Dülsen und Markus Fachbach teil. 

Das Durchschnittsalter der Hawaii-Teilnehmer liegt bei 43 Jahre, die Durchsschnittszeit bei 9:28 Stunden. 

Erfolgreichste Herren

Dave Scott und Mark Allen (jeweils sechs Siege)

Erfolgreichste Damen

Paula Newby-Fraser (8 Siege); Natascha Badmann (6 Siege)

    Das ausgeschüttete Preisgeld lag 2016 bei 650.000 US$

    Streckenrekorde

    • Schwimmen Herren: Lars Jorgensen (1998) in 46:41 min
    • Schwimmen Damen: Jodie Jackson (199) in 48:43 min
    • Radfahren Herren: Cameron Wurf, AUS (2017) in 4:12:54 h
    • Radfahren Damen: Karin Thürig (2011) in 4:44:20 h
    • Laufen Herren: Patrick Lange (2016) in 2:39:45 h
    • Laufen Damen: Mirinda Carfrae (2014) in 2:50:27 h
    • Streckenrekord Herren: Patrick Lange (2017) in 8:01:39 h
    • Streckenrekord Damen: Daniela Ryf (2016) in 8:46:46 h

    Der 51 Jahre alte Amerikaner Ken Glah finishte seit 1984 seinen 33. Ironman in Folge (2016 12:48:45 Stunden). 

    Der Japaner Hiromu Inada war 2016 mit 83 Jahren der älteste Triathlet, der jemals in Hawaii finishte. Er löste den bisherigen Altersrekord - gehalten von dem 82 Jahre alten Amerikaner Lew Hollander (2012: 16:49:13 Stunden) - ab. Inada, der erst mit 69 Jahren begann Triathlonsport zu betreiben - scheiterte 2015 erbarmungslos, als ihm ganze fünf Sekunden zum Finish fehlten. Eine Höchstleistung vor allem eines zeigt: Es ist nie zu spät! Glaube versetzt Berge, glühende Leidenschaft, unbeugsame  Willenskraft, Hingabe und Durchhaltevermögen befähigen zu außergewöhnlichen Leistungen. Eine freiwillige Wettkampfaufgabe ist für die Teilnehmer schlicht und ergreifend keine denkbare Option.

    Qualifikationsnormen

    Seit 1988 müssen sich die Teilnehmer des IRONMAN Hawaii - bis auf wenige Ausnahmen - bei einem von der World Triathlon Corporation lizenzierten IRONMAN-Triathlon qualifizieren, um einen offiziellen Startplatz genehmigt zu bekommen. Einzig Weltmeister bleiben von den strengen Qualifikationskriterien verschont. Diese müssen einen Ironman "lediglich" finishen, um ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen um eine Starterlaubnis zu bekommen.

    Profis können sich seit 2010 ausschließlich nur über die sogenannte Kona Profi Rangliste (KPR) innerhalb einer Qualifikationsperiode von der WTC (World Triathlon Corporation) festgelegte Punkte, die für Platzierungen bei IRONMAN oder einigen privelligierten IRONMAN 70.3 vergeben werden qualifizieren. Die Teilnahme am IRONMAN Hawaii bleibt den bestplatzierten 50 Profi-Männer und 35 Profi-Frauen weltweit vorbehalten, was ein hochklassiges Profi-Starterfeld sicherstellt. Die Qualifikationsperiode erstreckt sich von Anfang September bis Ende August wobei der gesammelte Punktestand nicht auf die nächste Qualifikationsperiode übertragbar ist.

    Im Rahmen der KPR werden jene 5 Wettkampfteilnahmen an der IRONMAN Triathlon Weltserie gewertet, welche dem Profi den höchsten Punktestand einbrachten (maximal 3 Triathlons der IRONMAN 70.3 Serie). Zudem muss innerhalb der Qualifikationsperiode mindestens ein Langdistanz-IRONMAN – ausgenommen der IRONMAN Hawaii – absolviert worden sein. Die gemäß KPR-Stand best platzierten 40 Profi-Männer und 28 Profi-Frauen sind beim ersten Startplatzkontingent für den IRONMAN Hawaii nominiert. Wird ein Startrecht nicht wahrgenommen, rücken nächstplatzierte Profis der KPR für entsprechende Startplätze nach. Ende August werden weitere Startplätze an die bestplatzierten noch nicht qualifizierten Profis (10 (Männer/7 Damen) der KPR verteilt. 

    Für ehemalige IRONMAN-Hawaii-Sieger gelten Ausnahmeregelungen, d.h. erleichterte Qualifikationsbedingungen. Das bisherige lebenslange Startrecht für IRONMAN-Hawaii-Sieger wurde zwar aufgehoben, trotzdem brauchen sie sich innerhalb von 5 Jahren nach ihrem letzten IRONMAN-Hawaii-Sieg nicht über die KPR zu qualifizieren. In diesem Zeitraum wird lediglich das Absolvieren eines Langdistanz-IRONMAN während der jeweiligen Qualifikationsperiode verlangt, um ein Startrecht für den IRONMAN Hawaii zu erhalten. Solche Startplätze werden nicht aus dem Profi-Gesamtkontingent (50 Männer/35 Damen) entnommen.  Falls einer oder mehrere ehemalige IRONMAN-Hawaii-Sieger starten, gibt es entsprechend viele Nachrücker.  

    Altersklassenathleten

    Einen Startplatz zur IRONMAN Weltmeisterschaft auf Hawaii erhält man nur über eine erfolgreiche Hawaii-Qualifizierung. Altersklassenathleten (Amateure) können sich nur durch eine entsprechende Platzierung bei einem Wettkampf der IRONMAN Serie bzw. einer privilegierten Veranstaltung der IRONMAN 70.3 Serie für den IRONMAN Hawaii qualifizieren. 

    Die Vergabe der sogenannten 'Slots' (Startplätze) erfolgt nach Geschlecht und Altersklasse. Die Anzahl der Startplätze für den IRONMAN Hawaii, die einem IRONMAN-Triathlon zugewiesen werden, bestimmt die WTC. Die für ein Rennen zur Disposition stehenden Startplätze werden dann nach Größe der jeweiligen Altersklasse verteilt. Da erfahrungsgemäß nicht alle Athleten die die Quali schafften automatisch beim IRONMAN Hawaii teilnehmen, rücken Athleten so lange nach, bis die Qualifikationsplätze in jeder Altersklasse aufgefüllt sind. 

     Individuelle Wettbewerbsbedingungen

    Zu unterschiedlich sind die Streckenprofile der IRONMANS, als dass sich Finisherzeiten miteinander 1:1 vergleichen ließen. Hinzu kommen klimatische Bedingungen und das Wetter am Wettkampftag (Wasser- und Lufttemperatur, Regen, Wind). Einflussfaktoren, die sich auf die Leistungsfähigkeit der Athleten und somit auf Finisherzeiten auswirken. Erst recht beim Ironman in Hawaii, wo im Pazifischen Ozean - häufig bei hohem Wellengang - geschwommen wird, hohe Luftfeuchtigkeit und Hitze herrschen, was die physische und psychische Belastung erhöht. Gefürchtet sind auch böige Winde, die den Radsplit zs. erschweren.

    Results 10/14/2017 IRONMAN World Championship

    273 Ironman-Finisher aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Luxemburg

    Presse, Funk, TV - Videos / Interviews

    Patrick Lange: "Ich dachte nur: jetzt musst du Sanders schocken" - tri-mag.de

    Patrick Lange: Sieger-Interview tri2b.com

    Sebastian Kienle: "Habe alles riskiert, kann mir nichts vorwerfen" - tri-mag.de

    Jan Frodeno: "Wäre geil, wenn es ein gutes Battle gibt" -  tri-mag.de

    Jan Frodeno: Frage- Antwortspiel - ZDF SPORTextra

    Jan Frodeno: Frodeno will den Hawaii-Hattrick - ZDF-Morgenmagazin

    Jan Frodeno: Der dritte Ironman Hawaii-Sieg ist mein ausgesprochenes Ziel - tri2b.com

    Sebastian Kienle, Interview - tri-mag.de

    Sebastian Kienle, "An Kona wird die ganze Saison gemessen" - ZDF-Morgenmagazin

    Patrick Lange: "Man muss sich quälen" - ZDF-Morgenmagazin

    Patrick Lange: "Ich habe viele gute Bilder im Kopf" - tri2b.com

    Lionel Sanders (CAN), Portrait - tri-mag

    Boris Stein: "Die deutsche Konkurrenz macht mich noch stärker - tri2b.com

    Nils Frommhold: "Ich bin hungrig auf Hawaii" - tri2b.com

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    Hawaii-Finisher aus der Oberpfalz


    Auch für einige Teilnehmer aus der Oberpfalz ging der sportliche Wunschtraum in Erfüllung und konnten sich stolz ihre Finishermedaille umhängen. Ralf Preissl aus Regenstauf - der das Portal Laufstilanalyse betreibt - unterbot mit seinen 40 Lenzen das gesteckte Ziel unter 10 Stunden zu bleiben mit 9:45:41 deutlich, gefolgt vor Markus Stengl aus Freystadt mit 9:47:10. Beachtlich die Finisherzeit von Silvia Weishäupl (zweite Teilnahme) in 11:10:14. 


    Hut ab auch vor den Hawaii-Debütanten, wo es weniger um die Platzierung als vielmehr um ein erfolgreiches Finish bei dieser grenzwertigen Ausdauerschlacht in Kailua-Kona geht. So kam der 33 jährige Andreas Aschenbrenner - ebenfalls aus Regenstauf - nach 10:53:40 Stunden ins Ziel, während die 29-jährige Gaby Mehrl aus Etterzhausen 11:58:28 Stunden benötigte. In ihrer Altersklasse (30 bis 34 Jahre) kam Mehrl auf Rang 71 (von 718 Starterinnen 369. Platz).  

    Results 2016

    271 Ironman-Finisher aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Luxemburg.

    Results IRONMAN World Championship 2016

    Results Deutschsprachige Altersklassen 2016

    Results IRONMAN World Championship

    Results Deutschsprachige Altersklassen