Nationalpark-Radweg - Grenzenloses Radvergnügen auf dem Grünen Dach Europas

    

Der »Nationalpark-Radweg« verläuft von Haidmühle (Landkreis Freyung-Grafenau) - das idyllisch eingebettet in einer sanften Talmulde (831 m) liegt und vom Haidel (1.167 m) sowie dem Dreisesselmassiv (1.312 m) majestätisch umkranzt wird - nach Ferdinandstal (grüne Grenze) im Zwieseler Winkel (Landkreis Regen). Der staatlich anerkannte Erholungsort (1.373 Einwohner/Stand Dez. 2022) befindet sich am östlichsten Winkel des Freistaats Bayern im Dreiländereck des Bayerischen Waldes, wo an der Dreiländermark zwischen Bayerischer Plöckenstein (1365 m) und Plöckenstein (1379 m) Deutschland, Tschechien und Österreich aneinander grenzen.

Irgendwo im Nirgendwo

Umgeben von einer reizvollen Wald- und Kulturlandschaft schlummert in der Grenzregion an der Nahtstelle des Bayerischen Waldes und Böhmerwaldes abseits ausgetretener Pfade ein schier unerschöpfliches Radparadies, deren reizvolle Naturkulisse ihresgleichen sucht. Ein entlegenes Fleckchen Erde, die der »Nationalpark-Radweg« mitten durch zwei Nationalparks quert. Menschenleere Hochflächen, saftiggrüne Täler, Bergfichtenwälder, Moorlandschaften und naturbelassene Flussauen im Tal der Moldau liegt den Tourenradlern in dem unberührten Naturjuwel zu Füßen. Dazu Talsperren, malerische Städtchen und Dörfer, kulinarische und kulturelle Schätze. In den Nationalparks bleibt dieseits und jenseits der Landesgrenze eine Fläche von 900 km² - welche das größte zusammenhängende Waldschutzgebiet Mitteleuropas bildet - vor menschlichen Eingriffen größtenteils geschützt, d.h. die Natur übernimmt hier wie zu früheren Zeiten das Ruder. In weiten Teilen kann sie sich frei entfalten, weswegen ihre ureigenen Gesetze das Bild prägen. Der Mensch ist in diesem Refugium allenfalls Begleiter dieses Prozesses, nicht Gestalter. 

Eben weil der »Nationalpark-Radweg« einer der schönsten und zugleich unberührtesten Naturreviere durchquert die in unserer hoch industrialisierten Welt leider schon fast vollständig verschwunden sind, macht es die Radtour zum unvergesslichen Erlebnis. Der Welt einfach mal den Rücken kehren und selbstvergessen in die idyllische Atmosphäre des allgegenwärtigen Naturidylls abtauchen - genau dafür bietet der »Nationalpark-Radweg« unter freiem Himmel die passende Tribüne. So betrachtet liefert die intakte Natur „Quasi-Drehorte“ am laufenden Band, weswegen der Spannungsbogen beim Radeln stets aufrecht erhalten bleibt. Kaum flitzt man um's Eck oder erklimmt eine Kuppe, schon ploppt das nächste Fascinosum auf. Allemal eine geheimnisvolle Region, die glücklicherweise immer noch unter dem Radar des (Massen-) Tourismus schlummert und in der den einheimischen Bewohnern Tradition, Brauchtum und Umweltbewusstsein ein wichtiges Anliegen ist. Eine kostbare Aura, die tatsächlich mit jeder Kurbelumdrehung die Leichtigkeit des Seins heraus filtriert und dabei die Sinne verzaubert.

Bild: am Ortsende von Stožec wird Richtung Ceské Žleby die Warme Moldau überquert

Die malerische Bergregion prunkt im Nationalpark Šumava - wo sich nicht nur die Wasserscheide zwischen Schwarzem Meer und Nordsee befindet, sondern auch die Flüsse Moldau und Otava entspringen und dort noch einen wilden Gebirgsflusscharakter besitzen - genauso wie der Nationalpark Bayerischer Wald mit einer entrückten Ursprünglichkeit, wie es sie in Europa wohl kein zweites Mal gibt. Entdecken sie die wildromantische Schönheit des Böhmerwalds sowie des Bayerischen Waldes komprimiert im Doppelpack aus der trohnenden Radlerperspektive, und nutzen den Heimvorteil einer kürzeren und somit umweltfreundlicheren Anreise. Ganz zu schweigen von herzhaften Speise- und regionalen Bierspezialitäten - einschließlich gastfreundlichen Menschen - was eine Radtour letzten Endes zum unbeschwerten Erlebnis werden lässt. 

Foto: Panorama bei Finsterau

Der grenzüberschreitende Nationalpark-Radweg trägt seine Charakteristik bereits im Namen. Start- bzw. Endpunkt sind Haidmühle (830 m.ü.M.) im Landkreis Freyung-Grafenau bzw. Ferdinandsthal (730 m.ü.M.) nahe Zwieslerwaldhaus (Ortsteil der Gemeinde Lindberg im Landkreis Regen). 

Urwüchsige Wälder, klare Bäche, Bergseen, Hochmoore, Auen und großflächige Hochebenen mit Wiesen- u. Steppenvegetation prägen den Streckenverlauf. Infotafeln am Wegesrand, die über Land, Leute, Kultur und Geschichte und die einmalige Natur informieren, machen die Tour besonders attraktiv. Mit anderen Worten: der Weg ist das Ziel!

Foto: Frauenau

Angesichts der rasant fortschreitenden Landschaftsversiegelung ist es umso mehr eine wahre Freude mit eigenen Augen zu sehen, wie unbehelligt und ungestört von Menschenhand sich die natürlichen Prozesse von Flora und Fauna in den streng geschützten Natur-Reservaten entfalten können. Besonders die hermetische Abriegelung des Grenzstreifens durch den Eisernen Vorhang im Kalten Krieg erwies sich für die Natur des Böhmerwalds im Nachhinein als wahrer Glücksfall, weil das militärische Sperrgebiet die ungestörte Entwicklung der Flora & Fauna entscheidend begünstigte. Deshalb finden sich auch heute noch zahlreiche seltene und bedrohte Tier- und Pflanzenarten, die anderswo in Mitteleuropa zumeist ausgestorben sind. Dank Landschaftsschutz blieb die große Artenvielfalt sowohl im inneren Böhmerwald als auch im NP Bayerischer Wald bis in die Gegenwart erhalten. Bemerkenswert ist der große Bestand an naturbelassenen Waldgebieten. Zwar existieren echte Urwälder nur mehr in Reliktform, allerdings befinden sich große Teile des Nationalparks und des Landschaftsschutzgebietes durchaus noch in einem naturnahen Ursprungszustand. 

Streckenverlauf

Der Nationalpark-Radweg prunkt auf 105 Kilometer Länge mit einer der ursprünglichsten Naturregionen Deutschlands. Die Route verbindet in einer urwaldähnlich gebliebenen Mittelgebirgslandschaft den »Nationalpark Ferienland Bayerischer Wald« mit dem »Arberland«. Der grenzüberschreitende Schlenker über Tschechien (30 km) bietet auf knapp 1.200 Meter Höhe ein traumhaftes Aussichtspanorama. Die Strecke verläuft von Haidmühle via Stožec →  Ceské Žleby → Strážný → Bucina → Finsterau → Nationalparkzentrum Lusen → Spiegelau → Zwieslerwaldhaus (Erweiterungsgebiet des Nationalparks Bayerischer Wald) → Ferdinandstal.

Holla die Waldfee

Wenn Waldbaden der Seele und dem Organismus gut tut, dann ist Waldradeln umso mehr gesund, weil der erhöhte Sauerstoffbedarf dementsprechend mehr Terpene von den ausgesonderten Pflanzenduftstoffen aufnimmt. Klar ist auch, dass der Wald ein jahrtausendealter Kraftort ist, der uns ankommen bzw. zur Ruhe kommen lässt. Die besänftigende Aura des Waldes sorgt dafür, dass der Körper deutlich weniger Stresshormone ausschüttet und analog dazu der Blutdruck sinkt. Einzig wahrnehmbare Akkustik sind gurgelnde Gebirgsbäche, rauschende Bäume, Vogelgezwitscher und die vertrauten Klänge des säuselnden Windes am Ohr, die für ein sanftes "Begleitorchester" sorgen. Trohnend auf dem Logenplatz des Sattels sitzen, durch mystische Wälder cruisen und andächtig den Geräuschen der Natur zu lauschen fühlt sich wie ein nicht enden wollender meditativer Rausch an. So betrachtet erzielt entschleunigtes Waldradeln eine vergleichbare Wirkung wie das Waldbaden der Wanderer. Faktencheck: Es dürfte wohl kaum einen Radweg geben, dessen Streckenverlauf einen derart hohen Waldanteil aufweist wie der »Nationalpark-Radweg«, weshalb die Route diesbezüglich so ziemlich alles andere buchstäblich in den Schatten stellt.   

Bayerisch- Böhmische Liebesgeschichte 

Körperliche Leistung verbrennt Kalorien. So liegt der Verbrauch beim Radfahren je nach Belastungsintensität (Watt) zwischen 170 und 900 Kalorien pro Stunde, wobei der zusätzliche Grundumsatz (zur Aufrechterhaltung der Überlebensfunktionen) den Gesamtenergieverbrauch beziffert. Insofern müssen die Energiespeicher von Zeit zu Zeit wieder aufgefüllt werden, weshalb On Tour ruhigen Gewissens "nachgeladen" werden darf. Umso mehr kommt Freude auf, als dass landestypische Speisen in Böhmen wie in Bayern wahre Gaumenkitzler sind. Ob südbömischer traditioneller Braten mit Sauce und Böhmische Knödel oder deftiger "Schweinsbraten" mit Semmelknödel hierzulande - gerade die geschmacklichen Kontraste machen wortwörtlich das Salz in der Suppe aus. Dazu ein Pilsner Urquell, Budweiser Budvar, Barnard-Halbe oder eine Bierspezialität aus einer niederbayerischen Brauerei - fertig ist das Radlerglück.  

Seien wir mal ehrlich, was gibt es Schöneres, als nach einer ausgedehnten Fahrradtour regionale Köstlichkeiten zu schlemmen, sich gesellig zuzuprosten und die Weiterfahrt erholt mit frischem Elan anzugehen? Die Bayerisch-Böhmische Liebesgeschichte ist auf dieser Tour zwangsläufig auch verbunden mit einer kulinarischen Leidenschaft. Traditionen sind ebenso lebendig wie die Gastronomieszene - dies gilt hüben und drüben.

Nicht ohne Grund besagt der Volksmund: "Liebe geht durch den Magen". Erwähnt wurde das Sprichwort erstmals in Paula und Burghard von Rezniceks Buch (1928): Der vollendete Adam. Sie behaupten, dass Liebe und das leibliche Wohl zusammenhängen und Liebe tatsächlich durch den Magen geht weshalb sie „Tisch und Bett“ als zwei zusammengehörende Pole ansehen. Eine spannende Kombination, die das Sprichwort versinnbildlicht.

Der Grundsatz "anderes Land andere Sitten" kommt in der jeweils landestypischen Kulinarik geschmackvoll zum Ausdruck. Ob Böhmische Knödel mit Gulasch oder Schweinebraten mit Semmelknödel - der Radler profitiert bei der grenzüberschreitenden Tour, die Kochkunst zweier Länder genussfreudig kennen lernen zu dürfen.

Hellhörig bzw. neugierig geworden? Dann sollte der reizvolle »Nationalpark-Radweg« flugs auf die To do Liste gesetzt werden. Der grüne Teppich ist ausgerollt, also Speichenflitzer startklar machen und mitten hinein in die urwüchsige Natur. Schnellentschlossene packen die Gelegenheit beim Schopf und nehmen sich das 105 km lange Naturerlebnis durch zwei Nationalparks spontan in herbstlicher Farbenpracht zur Brust. Bayernbike wünscht viel Spaß dabei!