Radlbahnhof Hauzendorf seit 1. Juni 2023 wieder bewirtschaftet

Die Natur und Logik der „Technik“ zwang Ingenieure Anfang des 20. Jahrhunderts im Eisenbahnstreckenbau topographische Niveauunterschiede zu nivellieren. Fast 100 Jahre später stellte sich diese bauliche Eigenart für umgewidmete Bahntrassen-Radwege als wahrer Glücksfall heraus. Dort wo früher Menschen und Güter transportiert wurden und die Eisenbahn einen wirtschaftlichen Aufschwung in den abgelegensten Winkel der ländlichen Region auslöste, fröhnen heute Genuss- und Familienradler leidenschaftlich ihrem Hobby. Bedenkt man, dass früher die Durchschnittsgeschwindigkeit vieler Lokalbahnen niedriger war als die von heutigen sportlichen Radfahrern, relativieren sich Entfernung und Zeit. Zum Vergleich: 1946 benötigte das Falkensteiner Bockerl von Falkenstein nach Regensburg-Wutzlhofen eine Fahrzeit von 2:13 Stunden, wobei die Höchstgeschwindigkeit zu keiner Zeit 50 km/h überschritt. 

Die Zeiten waren auch schon einmal einfacher, keine Frage. Was liegt näher, als Kraftquellen für Entschleunigung und Erholung aufzusuchen und mit allen Sinnen tief in die Natur einzutauchen. Mit Achtsamkeit sich inspirieren lassen, die innere Balance finden und vom Alltagsstress abzuschalten funktioniert beispielsweise auf der wunderschönen Bahntrassenroute des Falkenstein-Radwegs im sanftgewellten Gelände des Bayerischen Vorwald äußerst effektiv.

 Der Vordere Bayerische Wald

Der familiengeeignete »Regensburg-Falkenstein-Radweg« verläuft auf einer stillgelegten Lokalbahnstrecke, wo einst das legendäre "Falkensteiner Bockerl" nordöstlich von Regensburg (Wutzlhofen) gemächlich durch den Bayerischen Vorwald schnaufte. Nachdem der Gesamtbetrieb auf der Bahnstrecke am 1. Juni 1985 eingestellt worden war vergingen zwei Jahre, bis der erste Radwegabschnitt im Landkreis Cham eröffnet wurde. Seitdem sind auf dem »Regensburg-Falkenstein-Radweg« keine schnaubenden Dampflocks oder brummende Schienenbusse mehr unterwegs, sondern stattdessen erfreuen sich nach Herzenslust nurmehr Radfahrer und Spaziergänger an der herrlichen Naturkulisse. Die hügelige und aussichtsreiche Landschaft wird häufig auch als „lieblicher“ Teil des Bayerischen Waldes bezeichnet.  

Nordöstlich von Regensburg erhebt sich der Falkensteiner Vorwald, der sozusagen das Tor zum Bayerischen Waldes bildet. Der etwa 45 Kilometer lange Falkenstein-Radweg (beginnend von Regensburg) verläuft auf der ehemaligen Lokalbahntrasse des Falkensteiner Bockerls, das von 1913 bis 1984 durch die beschauliche Wald- und Wiesenlandschaft schnaufte. Sobald die Wenzenbach-Ebene am östlichen Ortsrand von Wenzenbach nach Überquerung der Schönberger Straße abrupt in dich bewaldetes Hügelland übergeht (dort befinden sich etliche Info-Schautafeln), verändert sich der Landschaftscharakter gravierend. In "Sesam-öffne-dich-Manier" markiert die Schönberger Schlucht übergangslos den Eintritt in den Vorderen Bayerischen Wald, und läutet gleichzeitig den Beginn einer 18 km langen, sanften Steigungsphase ein. Eingeschnitten in uraltes Granitgestein mit wuchtigen Felsmassiven und begleitet vom gurgelnden Wenzenbach ist die wildromantische Natur Balsam für die Seele. Ein faszinierendes Naturparadies, das dem Menschen ein entspannendes Rückzugsrefugium schenkt. Angefangen von überdachten Pausenpavillons die Schutz vor Regenwetter bieten, über Erlebnisstationen für Kinder, die spielen, entdecken, herumtoben und ihrer Fantasie freien Lauf lassen können, lehrreichen Schautafeln bis hin zum nostalgischen Eisenbahnzeitalter welches auf eine ereignisreiche Epoche des 20. Jahrhunderts zurückblicken lässt, machen den »Regensburg-Falkenstein-Radweg« zu einem echten Tourerlebnis. Beschaulich, ursprünglich, historisch, künstlerisch, informativ und abwechslungsreich verleiht es der Bahntrassenroute einen einzigartigen Charm. Zweifelsohne verlockt der schlängelnde Routenverlauf mitten durch sauerstoffreiche Waldpassagen häufiger zum Rasten, Verweilen und Innehalten ein als sonst allgemein üblich. 

Im Rahmen des Kooperationsprojektes „Thematische Aufwertung der ehemaligen Bahntrasse Regensburg-Falkenstein“ werten fünf Gemeinden (Wenzenbach, Bernhardswald, Falkenstein, Wald, und Zell) die Region entlang der 1984 stillgelegten Bahntrasse Regensburg-Falkenstein qualitativ auf und setzen sie thematisch in Szene. Dies erhöht das attraktive Freizeit- und Erholungsangebot sowohl für Einheimische als auch Gäste und rückt gleichzeitig die Geschichte und das Kulturgut rund um das Thema Eisenbahn gezielt in den Fokus. 

Wiedereröffnung des Radlbahnhofs Hauzendorf

Rückblick: die Gemeinde Bernhardswald hatte das beliebte Ausflugslokal 2019 erworben, weswegen bzgl. staatlicher Zuschüsse sogar Finanzminister Albert Füracker aus München anreiste. Die aufwendige Gebäudesanierung schlug mit rund 370.000 Euro zu Buche, wovon die Gemeinde 200.000 Euro selbst berappen musste. Heizung, Fenster und Sanitäranlagen wurden erneuert sowie ein barrierefreier Zugang geschaffen. Touristischer Service: das digitale Informationszentrum für die Tourismusregion »Vorderer Bayerischer Wald« vom Zweckverband ILE Vorderer Bayrischer Wald befindet sich neben dem altehrwürdigen Gebäude, das 1913 als Bahnhof errichtet und 1994 zur Einkehrwirtschaft umgebaut wurde. Immerhin ist das 110 Jahre alte Bauwerk das einzig verbliebene Bahnhofsgebäude auf der ehemaligen Bahntrasse des legendären Falkensteiner Bockerls. Das Bahnrelikt hat für Touristen wie für Einheimische eine wichtige kulturhistorische Bedeutung. 

Geschlagene vier Jahre musste die Dorfgemeinschaft, das Rad- und Wandervolk geduldig darauf warten, dass der Radlbahnhof Hauzendorf am Falkenstein-Radweg seine Pforten wieder öffnet. Nach grundlegender Renovierung hat die urige Lokalität seit 1. Juni 2023 wieder geöffnet. Damit kehrt eine liebgewonnene Oberpfälzische Wirtshauskultur zurück. Die Gaststätte verfügt innen über 30 Plätze und  im angrenzenden Biergarten weitere 60 Plätze unter freiem Himmel. Bei schönem Ausflugswetter bzw. an Wochenenden könnte es gut sein, dass es bei dem beschränkten Sitzplatzangebot eng wird. 

Das neue Pächter-Ehepaar Fischer legt großen Wert darauf, regionale und nachhaltige Produkte zu verarbeiten. Wie es einer traditionellen Ausflugsgastätte gebührt, stehen einfache bayerische Brotzeiten und kleinere Gerichte auf der Speisekarte. Dazu wird es Sonntags mindestens ein warmes Gericht (Sonntagsbraten) geben. Neben einer regionaltypischen Brotzeit darf man sich zudem über selbstgemachte Kuchen und einer gut sortierten Getränkeauswahl freuen. Absoluter Hit (Idee stammt vom vormaligen Radlbahnhof-Eigentümer und Gastronom Hr. Forster) selbst gebackenes Brot. Einmal im Monat soll der Backofen im Biergarten angeschürt werden, um knusprige Brotlaibe mit eigener Rezeptur Gästen anzubieten. Zitat des Pächters aus der Mittelbayerische Zeitung: Wir wollen wieder ein Stück Wirtshaus-Kultur nach Hauzendorf bringen“.  

Was den Energienachschub anbelangt, muss man auf der Bahntrassenroute nicht darben. Sowohl in Wenzenbach, Hauzendorf und Hetzenbach (Hotel Lindenhof, 1 km vom Falkenstein-Radweg entfernt, mit lauschigem Biergarten vis a vis der Leonhards-Wallfahrtskirche) als auch in Schillertswiesen (bei der Wolfgangskapelle) sowie in Falkenstein bestehen Einkehrmöglichkeiten. 

Tourguiding by Bayernbike: der Falkenstein-Radweg steht regelmäßig im Tourprogramm. So auch im Juni 2023, wo eine Radtouristikgruppe aus Freiburg im Breisgau zum wiederholten Mal in der Ferienregion Regensburger Land, dem Naturpark Oberer Bayerischer Wald und Welterbestadt Regensburg ihren Radurlaub verbringt. Ob Reisegruppen vom Ammersee, Franken, Allgäu, Oberbayern oder aus der Schweiz - das Fazit fällt immer annähernd gleich aus: die Faszination über den verkehrsbefreiten Streckenverlauf durch intakte Naturlandschaft kommt schon fast einer emotionalen Liebeserklärung gleich. Allgemeines Resümmee: "Wir wußten gar nicht, dass die Oberpfalz so schön ist und ein derart abwechslungsreiches Routenpotential bietet". Tatsächlich bietet die Ferienregion in den Landkreisen Regensburg und Cham für sogenannte <Sternradler> ein überaus abwechslungsreiches Radwegenetz, dessen üppige Auswahl an Fluss- Bahntrassen- und Themen- Radwegen ein überschwängliches Entfaltungspotential bietet.

Fast unmerklich schraubt man sich auf einer durchschnittlichen Steigung von 2% ab Wenzenbach über Bernhardswald – Hauzendorf – Roßbach nach Hirschenbühl (Hetzenbacher Höhe) auf rund 19 Kilometer Länge gut 300 Höhenmeter zum Scheitelpunkt des Streckenzenits (620 m ü.NN:) hinauf. Danach schlängelt sich die Route durch die sanft gewellte und überwiegend bewaldete Naturlandschaft weiter via Schillertswiesen und Gfäll nach Falkenstein. Die Strecke kann mit geländegängigen Tourenrädern, E-Bikes, Mountainbikes, Cyclocrosser und Gravelbikes befahren werden.

Beim entschleunigten Dahincruisen in sauerstoffangereicherter Waldluft kann die Seele sprichwörtlich baumeln. Ein Bild (oben) sagt mehr als tausend Worte. Inspriation und beste Laune in freier Natur - was will man mehr. Radwandern wie im Paradies. Fernab von Trubel und Hektik genießt man energetische Ruhe und Abgeschiedenheit. Und noch einen wesentlichen Vorteil bietet die Bahntrassenstrecke an heißen Sommertagen: während im Donautal die Sonne herunter sticht und sengende Hitze das Radfahren erschwert, kühlen schattenspendende Waldpassagen i.V. mit angenehmer Höhenluft die Lufttemperatur spürbar herunter.

Fahrzeitprognose

Im gemächlichen Wohlfühltempo lässt sich die Strecke von Gonnersdorf nach Falkenstein (↑ 370 Höhenmeter ↓ 128 Tiefenmeter) bequem in 2½ -3 Stunden Fahrzeit (zzgl. Pausen) bewältigen. Für die Anfahrt vom Regensburger HBF rechnet man gut eine ½ h hinzu. In entgegengesetzter Fahrtrichtung nach Regensburg geht's aufgrund der geringeren Höhenmeter und einer 19 km langen Gefällpassage (↑ 128 Höhenmeter ↓ 370 Tiefenmeter) spürbar schneller voran. Wer sich für die Region bzw. deren Eisenbahngeschichte interessiert und entspannt die Kurbel schwingen möchte bzw. einer urigen Gaststätteneinkehr nicht abgeneigt ist plant am besten eine Halbtagestour ein.  

Durch den Radtransport nach Falkenstein kehrt sich der Spieß in Sachen Höhenmeter um, da man von der Hetzenbacher Höhe (615m) bis nach Wenzenbach auf der 19 km langen Gefällpassage kräfteschonend hinab rollt.

Der Radlbus (Linie 34) verkehrt von Karsamstag bis 3. Oktober an Samstagen, Sonn- und Feiertagen zwischen Regensburg und Falkenstein. Während der Pfingst- und Sommerferien verkehrt er sogar täglich. Der moderne Anhänger erlaubt auch die Mitnahme von E-Bikes, allerdings nicht die von Tandems und Räder mit Übergröße (z.B. Fatbikes). Aufgrund der eingeschränkten Beförderungskapazität ist eine telefonische Voranmeldung bei der Regionalbus Ostbayern GmbH unter der Rufnummer (09 41) 60 00 - 122 ratsam, andernfalls ist die Fahrradmitnahme nicht garantiert. Start: Hbf Regensburg, Ziel: Falkenstein, mit Zusteigestellen in Wenzenbach, Hauzendorf, Roßbach, Falkenstein. Fahrtdauer Regensburg-Falkenstein: ca. 1h 15 Minuten

Sobald eine Waldlichtung den Blick auf den Markt Falkenstein freigibt, lädt eine massive Sitzbank mit bayerischem "Anstrich" zur Muße bzw. Päuschen ein. 

Kombinations- Anschlussmöglichkeiten

Last but not least: der Falkenstein-Radweg lässt sich mit etlichen Radwegen kombinieren:

  • Rundtour via Regental (Abzweig KM 21 zwischen Rossbach / Wald; Gesamtstrecke: 67 km / 390 hm)
  • Rundtour via Donautal (Abzweig KM 32; Gesamtstrecke: 67 km / 600 hm)
  • Zufahrt TRANS BAYERWALD (Abzweig Hetzenbacher Höhe → Hetzenbach, Einstieg in die 3. Etappe Richtung Stamsried)
  • Zufahrt TRANS BAYERWALD in Falkenstein; Beginn der 4. Etappe Richtung Sankt Englmar
  • Radwege-Anbindung in Falkenstein: Festspiel-Radweg nach Cham, 27.2 km / 370 hm; TRANS BAYERWALD (Richtung Sankt Englmar)
  • Radwege-Anbindungen in Regensburg (sternförmige Radwege-Drehscheibe mit weiterführenden (Fern-) Radwegen in alle Himmelsrichtungen)

Ortsansicht von Falkenstein

 Top Bewertung

Dr. Achim Bartoschek - Betreiber Deutschlands populärster Bahntrassenradwege-Plattform - gilt gemeinhin als ausgewiesener Fachexperte für Radwege auf stillgelegten Eisenbahntrassen. Seine subjektiven Bewertungsangaben werden aus Sicht des Tourenradlers vorgenommen, wobei Beurteilungen grundätzlich nur auf einer persönlichen Routenbefahrung fußen. Das Bewertungssystem umfasst fünf Gütesiegel → 0 - 4 Fahrradsymbole. Als Bewertungskriterien fließen dabei die touristische Attraktivität des Umfeldes, Rastmöglichkeiten und die Anbindung an Radfernwege oder Bahnhöfe genauso ein, wie die Befahrbarkeit des Weges. So genießt eine durchgängige und barrierefreie Befahrbarkeit, landschaftliche Attraktivität und eine geringe Lärmbelastung einen hohen Stellenwert, während bei längeren Distanzen auch wetterfeste Rastmöglichkeiten stärker gewichtet werden. Die Fahrbahnoberfläche spielt hingegen eher eine untergeordente Rolle, d.h. ob der Weg asphaltiert, wassergebunden oder geschottert bleibt solange belanglos, wie keine Fahrbahnschäden (z.B. Schlaglöcher) vorhanden sind bzw. der Rollwiderstand vertretbar bleibt. Kein Gütesiegel erhalten Wanderwege auf stillgelegten Bahntrassen, deren unwegsame Oberflächenbeschaffenheit eine risikofreie Befahrung nicht gewährleistet bzw. deren Befahrung verboten ist.

Bemerkenswert, dass der Regensburg-Falkenstein-Radweg deutschlandweit nicht nur zur persönlichen Top-Favoriten-Liste zählt, sondern überdies mit dem höchsten "Scoring" (4 Fahrradymbole) ausgezeichnet wurde. Kommentar: "Ohne allzu große Anstrengung durch viel Wald hinauf nach Falkenstein (auf der Bahntrasse des Falkensteiner Bockerls, versteht sich; für sportlich weniger Ambitionierte gibt's den Radl-Bus aus Regensburg)." 

Portrait: Dr. Achim Bartoschek - Auszug entnommen aus der Bahntrassen-Reportage im Fachmagazin "aktiv Radfahren":

Er ist der kreative Kopf der Homepage www.bahntrassenradeln.de, die aktiv Radfahren zu ihrer Serie „Bahntrassenradeln“ inspirierte. Der gebürtige Rheinländer, der 1968 das Licht der Welt erblickte, promovierte in Chemie und ist jetzt als Entwickler und Berater im Bereich Informationsverarbeitung tätig. Zudem ist er begeisterter Tourenradler seit 1996 (erste Streckentour: Rostock–Köln, 1000 Kilometer). Den Grundstock für seine interessante und schön gestaltete Homepage legte Bartoschek nach einer Rundfahrt durch Eifel und Hunsrück entlang des Maare-Mosel-Radwegs, des Schinderhannes-Radwegs und des Maifeld-Radwegs im Herbst 2001. „Zu diesem Zeitpunkt waren kei- nerlei überregionaler Informationen zu deutschen Bahntrassenwegen verfügbar“, erzählt er. „Viele Wege waren in den topografischen Karten eingezeichnet, aber sonst undokumentiert. So begann ich im Winter/Frühjahr 2002 eben selbst mit der Recherche und dem Aufbau einer Internetpräsentation.“ Über 170 hat Achim Bartoschek mittlerweile selbst besucht und beradelt. Hinweise auf nicht erfasste Wege, Detaildaten und Fotografien wurden von eisenbahnhistorisch Interessierten, Radlern, Planern und Tourismusverant- wortlichen beigesteuert.