Streckenteil II Frauenberg - Haidel (Graineter Wald/Leopoldsreuter Wald) - Haidmühle → 34 km • ↑ 775 hm • ↓ 722 hm 

Der Adalbert-Stifter-Radweg wird in Frauenberg (KM 25) auf dem Streckenscheitelpunkt (872 m ü.NN.) verlassen (Linksabzweig).  

Beim Radtourenknotenpunkt Frauenberg (872 m ü.NN.; KM 25) verlaufen bzw. kreuzen sich mehrere Radwege und MTB-Touren:

Adalbert-Stifter-Radweg

TRANS BAYERWALD

Drei-Länder-Radtour 

Donau-Moldau-Radweg

Dreiländer-Radweg

 Sollte unverhofft Schlechtwetter (Gewitter, Regen) aufziehen oder aus sonstigen Gründen ein vorzeitiger Tourabbruch beabsichtigt sein, kann in Frauenberg auf dem feingekiesten Adalbert-Stifter-Radweg direkt zum Zielort Waldkirchen zurück radeln. Je nachdem wie flott man unterwegs ist (überwiegend Gefällpassagen), beträgt die reine Fahrzeit für die 23 km lange Wegstrecke u.U. weniger als 1 Stunde. 

Vorausschau: Vom Schnittpunkt Frauenberg dreht die Gravelbiketour »HAIDEL« eine Schleife durch den Graineter- und Leopoldsreuter Wald und passiert nach knapp 38 km - kommend aus nördlicher Richtung von Haidmühle - auf dem Adalbert-Stifter-Radweg denselben Standort.

200 Meter nach Überquerung des Adalbert-Stifter-Radwegs lädt die Kneippanlage Frauenberg mitten im Wald zu einem erholsamen Pausenstopp ein. Gutes tun für Körper, Geist und Seele? Dann Schuhe & Socken ausziehen und mit Muße durchs kalte Wasser im Gesundbrunnen des Frauenberger Kneippbeckens waten.

Graineter Wald

Unmittelbar nach der Überquerung des Adalbert-Stifter-Radwegs taucht die gewundene Schotterstraße in den Graineter Wald ein. Nun wird Kurs auf das zweite Highligt des Tages - den Haidel - genommen. 

 Streckengabelung KM 29: die Gravelbikeroute LIGHT zweigt rechts ab (graveltaugliche Abkürzung, 27 km kürzer / 500 hm weniger)

Der Anstieg zum Haidel gestaltet sich weit weniger anstrengend als die lange Auffahrt zum Dreisesselberg. Einerseits ist der Höhenunterschied wesentlich geringer, andererseits wird der Höhenunterschied gewissermaßen auf zwei Etappen in Angriff genommen. Zunächst stehen bei Gschwendet (KM 33) über Kohlstattbrunn auf 5 km Länge 277 hm an. Nach einem 2.8 km langen Gegengefälle (115 TM) zur Waldkapelle Schwendreut schließt sich die finale Steigung zum Gipfel an (2 km / 210 hm).

Waldkapelle Kohlstattbrunn

Die Waldkapelle Kohlstattbrunn (KM 35) bietet die Gelegenheit zu einem erholsamen Päuschen. Am Kohlstattbrunnen lassen sich Trinkflaschen mit mineralhaltigem Quellwasser auffüllen.

Seinen Namen erhielt der Wallfahrtsort Kohlstattbrunn von einer Quelle, dem Kohlstattbrunnen. Der Brunnen wurde bereits im 18. Jahrhundert als Wallfahrtsziel genutzt, denn das quellfrische Trinkwasser diente Augen- und Halskranken als Heilwasser.

Sieht man vereinzelten Waldlichtungen wie in Obergrainet (KM 37), Schwendreut und Leopoldsreut ab, so radelt man in dem Streckenabschnitt zwischen Frauenberg und Auerbergsreut 30 Kilometer (658 hm) ununterbrochen im schattenspendenden Wald. 

Waldkapelle Schwendreut

Die idyllische, abgeschiedene Lage in der Waldlichtung der Waldkapelle Schwendreut (KM 41) auf 960 m Höhe betört schon bei der Anfahrt die Sinne. Ein stilles Plätzchen, wo sich hervorragend neue Energie schöpfen lässt.   

 Verschwundene Dörfer

1921 erwarb der Bayerische Staatsforst sämtliche Liegenschaften des Weilers Schwendreut. Nach einem Brand 1932 und Abwanderungen verließen 1957 die letzten Bewohner den Ort. Am 17. Oktober 1968 wurde der Gemeindeteilname Schwendreut aufgehoben, womit der der Orte von den Landkarten verschwand. Erhalten blieben nur die Waldkapelle Schwendreut und die nahe gelegene Bruder-Konrad-Kapelle im Ortsteil Alpe (erbaut 1980/81). Die Waldlichtung bietet einen herrlichen Ausblick auf den Bayerischen Wald. Zur Erinnerung an die 1755 entstandene ehemalige Dorfkapelle wurde 1931 der kleine hölzerne Blockbau mit offenem Zwiebelturm errichtet und 1997 grundlegend saniert. Jedes Jahr findet hier am letzten Juli-Sonntag das traditionelle Schwendreuter Waldfest statt. 

Schwendreut ist ein ehemaliger, heute verlassener Ortsteil der Gemeinde Grainet. Der Passauer Fürstbischof Leopold Erzherzog von Österreich gründete die Siedlung - bestehend aus sechs Häusern - zugleich mit den benachbarten Dörfern Leopoldsreut und Herzogsreut im Jahre 1618. Um die Gegend unterhalb des Haidels vor Wilderern und Schmugglern zu schützen, wurde der Landstrich mit Gründung der Orte besiedelt. Doch nur sieben Jahre später raffte die grasierende Pest die Einwohner von Schwendreut dahin. Das Leben der Dorfbewohner war - wie in Leopoldsreut auch - äußerst beschwerlich. Insbesondere die harten und lang andauernden Wintermonate stellten die Einwohner auf eine harte Probe. War das Dorf wochenlang eingeschneit und somit von der Umgebung abgeschnitten, mussten die Menschen ohne Arzt und ohne Priester zurecht kommen.

Noch Mitte des 19. Jahrhunderts lebten etwa 80 Einwohner in acht Höfen in Schwendreut. Nachfolgend wurden aber immer mehr Höfe aufgegeben, und 1921 kaufte schließlich der Bayerische Staatsforst die gesamten Liegenschaften des Ortes. 1957 verließ der letzte Einwohner die Ortschaft. Am 17. Oktober 1968 verschwand der Ortsname endgültig von der Landkarte. Die verbliebenen Häuser wurden vollständig abgerissen und die brach liegende Fäche aufgeforstet. Schwendreut - im Volksmund „Glosan“ genannt - ereilte somit dasselbe Schicksal wie dem Nachbarort Leopoldsreut. Heute existieren nur noch zwei Kapellen, die sogenannte Waldkapelle wurde 1755 erbaut und 1997 komplett saniert, die Bruder-Konrad-Kapelle wurde 1931 von einer Passauer Bürgerin gestiftet. Die Waldlichtung erlaubt einen schönen Fernblick auf die lieblich geschwunge Mittelgebirgsregion rund um das Haidelgebirge. Die Idylle bei der Kapelle lädt zur Rast oder einem Picknick ein, oder man lässt einfach mal die Seele baumeln bevor man wieder in die Pedale tritt.

An das versunkene Dorf. Schwendreut - dessen Namensgeber Fürstbischof Marquard von Schwendi war und einst bis zu 90 Einwohner lebten - erinnert heute einzig die bescheidene Schwendreuter Kapelle mit ihren barocken Zwiebeltürmchen (1755) noch an die vergangene Zeit. 

Die großflächige Waldlichtung lädt zum Innehalten ein. Ein stiller (Kraft-) Ort, dazu mineralhaltiges Quellwasser und eine herrliche Aussicht. Ein beschauliches Kleinod, wo es sich wunderbar abschalten und über Gott und die Welt sinnieren lässt. Schon der Dichter und Schriftsteller Adalbert Stifter sprach vom „Land der Stille“, von dem es bis heute kaum etwas eingebüßt hat.

Nachdem man sich wieder auf den Weg macht führt der ansteigende Schotterweg weiter zu einer Wegegabelung (2 km / 156 hm - dann rechts auf einen Wanderpfad abzweigen). Vorsicht: vereinzelt weist dieser Streckenabschnitt loser Schotter und gelegentliche Schlaglöcher auf.

Von der Abzweigung (1.109 m ü.NN.) bleiben bis zum Haidelgipfel (1 km) nurmehr 60 Höhenmeter. Die geradlinige "Direttissima" gibt schon weit vor dem Gipfel den Blick auf den Haidelberg frei, was bei erhöhter Pulsfrequenz angesichts des Steilhangs für die Psyche zwar weniger vorteilhaft sein mag, doch der Gedanke den letzten längeren Anstieg zu bewältigen stärkt die Willenskraft, ohne abzusteigen nach oben zu treten. Außerdem bietet der Waldboden bzw. der feingekieste Schotterweg sehr guten Grip.

Haidel

Der Haidel (1167 m ü. NHN) liegt östlich von Freyung bzw. nordlich von Waldkirchen. Charakteristisch für den Gipfel mit seinem flachen Bergrücken sind zwei weithin sichtbare Bauwerke: der hölzerne 35 m hohe Aussichtsturm und der 60 m hohe Sendeturm der Deutschen Telekom AG. 

Freudig am Gipfel auf 1.167 Meter Höhe angekommen, lässt sich eine erfreuliche Zwischenbilanz ziehen. Zweifelsohne tut es der Psyche gut sich bewußt zu machen, dass der Rückweg nach Waldkirchen bei weitem weniger schweißtreibend ist als der bisherige Streckenverlauf. Wurden bis zum Haidel (KM 44) 1.218 Höhenmeter (623 Tiefenmeter) überwunden, weist der verbleibende Rückweg (41 km) zum Zielort Waldkirchen gerade mal 264 Höhenmeter auf, während satte 870 Tiefenmeter die Kraftreserven schonen.

Zahlreiche Wegweiser deuten das vernetzte Wegegeflecht in der Haidelregion an. Bevor man in den Genuss der grenzenlosen Aussicht kommt, heißt es erst mal 159 Treppenstufen zur 30 Meter hohen Aussichtsplattform hoch zu steigen. Wer nachgrübelt, ob er sich die "Bonus-Höhenmeter" antun möchte, dem sei gesagt: das überwältigende Panorama macht die körperliche Anstrengung mehr als wett. Wegen des dichten Baumbewuches bietet nämlich nur die Aussichtsplattorm auf dem Turm die seltene Gelegenheit über die Baumwipfel hinweg eine grandiose 360° Rundumsicht über den Bayerwald und Böhmerwald - bzw. bei Fernsicht sogar bis zu den Alpen - genießen zu können. 

 Turmgeschichte

Naturkatastrophen wie heftige Stürme und unwetterartige Regen- und Schneefälle sind im Bayerischen Wald keine Seltenheit. So fiel 1925 einem schweren Sturm zu Folge der gesamte Baumbestand auf dem Haidelberg zum Opfer. Tausende Festmeter Holz mussten beseitigt werden, wodurch eine phänomenale Aussicht zum Vorschein kam. Sozusagen Glück im Unglück, denn nur des Windbruchs wegen wurde der Blick über den Bayerischen Wald, Böhmerwald und bei klarer Fernsicht bis zu den diveresen Alpengipfeln frei. Nachdem der orkanartige Sturm sämtliche Bäume entwurzelt hatte und den Gipfelrücken des Haidel kahl schlug, veranlasste die hervorragende Aussicht die Errichtung eines 15 Meter hohen Aussichtsturms (1934). Allerdings musste der marode Holzturm 1948 abgerissen werden.

Im Jahr 1967 gründete Pfarrer Herbert Kessler die Sektion Leopoldsreut des Bayerischen Wald-Vereins. Der Verein erschloss die Haidel-Region durch zahlreiche Wanderwege und setzte sich das Ziel mit einem neuen Aussichtsturm einen touristischen Anziehungspunkt zu schaffen. Im Jahr 1970 wurde in Holzbauweise ein 25 Meter hoher Turm gebaut. Doch trotz zweier Sanierungen 1984 und 1990 musste auch dieser Turm wegen Baufälligkeit zunächst gesperrt und später (1998) abgerissen werden.

Aller guten Dinge sind Drei - besagt der Volksmund. Unter diesem Motto ergriff der „Förderverein Haidel-Aussichtsturm e. V.“ in Zusammenarbeit mit der Waldvereinssektion Leopoldsreut unter Vorsitz von Josef Madl die engagierte Initiative, einen dritten Turm zu errichten. Am naheliegensten erschien zwar eine Stahlkonstruktion, doch die Bayersische Staatsforstverwaltung wollte aufzeigen, dass der Baustoff Holz bei professioneller Bearbeitung auch unter wetterbedingten Extrembedingungen (Sturm, Nässe, Frost) dauerhaft standhält. Die verwendeten druckimprägnierten Farbkernhölzer Lärche (Kantholz) und Douglasie (Rundsäulen) gewährleisten einen optimalen Holzschutz, sodass eine prognostizierte Haltbarkeitsdauer von mehr als 50 Jahre durchaus realistisch erscheint. Desweiteren sind durch die modulare Bauweise einzelne Bauteile jederzeit ersetzbar. Die gewaltigen Douglasien für die Tragsäulen - 35 m hoch, 60 cm am unteren und 30 cm am oberen Ende dick - gab der Bergwald in dem unwirtlichen Klima nicht her, weshalb das Forstamt Passau einsprang. Am 12. November 1998 war der dritte Holzturm fertiggestellt.

Im Jahr darauf, am 27. Juni 1999 wurde von Pfarrer Herbert Kessler gemeinsam mit den Pfarrern der Haidel-Gemeinden und das vom Passauer Bischof Franz Xaver Eder gestiftete Turmkreuz im Rahmen eines Festgottesdienstes gesegnet. 159 Stufen führen zur 30,3 Meter hohen Aussichtsplattform hinauf. 70 m³ verbautes Holz bringen ein Gewicht von 50 Tonnen auf die Waage. 

Wenngleich der Haidel nicht zu den höchsten Gipfeln des Bayerischen Waldes gehört, so zählt das atemberaubende 360 Grad-Panorama nichtsdestoweniger zur absoluten Spitzenklasse. Die Sicht reicht weit in den Böhmischen Wald hinein, hinunter ins oberösterreichische Mühlviertel und weit hinaus über die Donauebene. Im Herbst, wenn warme Föhnwinde übers Land wehen und die Luft klar ist, zeichnen sich am ehesten die Umrisse namhafter Alpengipfel ab. 

Grundsätzlich lässt der imposante Aussichtsgipfel mit dem Rad relativ leicht erklimmen. Einerseits ist die Steigung gleichmäßig und moderat - ausgenommen der kurze Gipfelstich - andererseits wird das Höhenlevel über eine längere Wegstrecke häppchenweise erstrampelt. Zudem bietet der Waldboden bzw. verdichteter Schotter - bergauf wie bergab - guten Grip. 

Zur Haidelcam

Der 1.167 m hohe Haidel, über den einst die Salzsäumer nach Böhmen zogen, ist mit seinem Aussichtsturm und Infopavillons das Wahrzeichen der gleichnamigen Haidelregion. Dank seiner exponierten Lage sowie durch den 35 m hohen Holzturm und den 60 m hohen Fernmeldeturm verfügt der rund geformte Gipfel auch aus der Ferne ein unverwechselbares Erscheinungsbild.

Der phänomenale Rundblick auf der Aussichtsplattform über die bayerisch-böhmischen Grenzwälder bzw. bei entsprechender Wetterlage mit Fernsicht bis zu den Alpen prägt sich ins Gedächtnis ein. Passend dazu ein berühmtes Zitat von Adalbert Stifter: „Waldwoge steht hinter Waldwoge, bis eine die letzte ist und den Himmel schneidet“. Im übrigen: wer genau hinschaut, erkennt Haidmühle (nächstes Etappenziel) und den Dreisesselberg. 

Am Osthang des Haidel speisen Rinnsale die Kalte Moldau. Im Mittelalter führte übrigens ein Salzhandelsweg - einer der so genannten „Goldenen Steige“ - der Prachatitzer Steig, von Passau über den Haidel hinweg nach Prachatitz in Böhmen. Erstmals wird der Steig am 19. April 1010 indirekt in einer Waldkirchener Urkunde erwähnt. Später in der Blütezeit kamen weitere Nebenstrecken hinzu. Diese Strecken wurden von den sogenannten „Säumern“ (Salz-Transporteure) benutzt. Selbst heute noch trifft man vorwiegend in den Landkreisen Passau und Freyung-Grafenau häufig auf den Namen „Goldener Steig“. Sowohl Gasthäuser, Straßenzüge wie auch Wanderwege tragen mitunter diesen Namen, welche als Teil des alten Handelsweges ausgewiesen sind.

Orientierungstafeln benennen Orte sowie Berge samt Höhenangaben, welche man beim näheren Hinsehen in allen vier Himmelsrichtungen in der Ferne erspähen kann. Dazu bietet das Gipfelareal mit Infopavillon und Sitzgruppen Besuchern allerhand Wissenswertes über die Haidelregion mit ihren umliegenden Gemeinden Grainet, Haidmühle, Hinterschmiding, Jandelsbrunn, Neureichenau und Philippsreut.

Da auf dem Stichweg zum Haidel der prämierte Fernwanderweg "Goldsteig" verläuft und sich Radfahrer und Wanderer den Weg sozusagen teilen, ist gegenseitige Rücksichtnahme geboten, um ein respektvolles und gefahrloses Miteinander zu gewährleisten. Insbesondere beim Rückweg sollte die Geschwindigkeit in dem steilen Gefälle den Verhältnissen entsprechend angepasst sein (Trail-Sharing). Sich beim Annähern akustisch bemerkbar zu machen, ausreichend Abstand zu halten und freundlich zu grüßen gebietet der Verhaltenskodex unter Naturnutzern, was von Respekt und Höflichkeit zeugt.

Nach der Abfahrt des Stichwegs (1 km) zweigt man rechts wieder in den Schotterweg ein, den man zuvor von der linken Seite gekommen ist. Von der Wegegabelung aus sind es ca. 800 Meter bis Leopoldsreut (KM 46). Vom Haidelgipfel bis ins 15 km entfernte Haidmühle nimmt das Höhenniveau beständig ab. Einschließlich geringer Gegensteigungen (65 hm) darf man sich in diesem Streckenabschnitt über 420 Tiefenmeter entspanntes Hinabrollen freuen, was sich im übrigen bis nach Waldkirchen fortsetzt. 

Mythos Leopoldsreut

Völlig überraschend taucht in einer Waldlichtung plötzlich eine Kirche und altes Schulhaus auf, in dessen einzigem Raum damals acht Klassen untergebracht waren. 

Heute erinnern in der gerodeten Waldlichtung nur noch die restaurierte Nepomukkirche, das aus Holz errichtete Schulhaus und das ehemalige Forsthaus an das untergegangene Dorf, das ursprünglich aus 21 Gebäuden bestand. Nach dem Untergang wurde Leopoldsreut durch ein historisches Festspiel wieder zum Leben erweckt. Das sich in 1.108 Metern Höhe zwischen Haidel und Sulzberg befindliche Leopoldsreut galt einst als das höchstgelegene Dorf Deutschlands. 

Mit der aufwendigen Sanierung verbliebener Gebäudlichkeiten i.V. mit zahlreichen Info-Schautafeln wird versucht die Geschichte der versunkenen Dörfer der nachfolgenden Generation in Erinnerung zu rufen, um bedrohliches Vergessen zu verhindern.

Schautafeln mit alten Fotografien zeigen heute das entbehrungsreiche Leben der damaligen Dorfbevölkerung. 

 Leopoldsreut

1618 ließ der Passauer Fürstbischof Leopold I. als damaliger Landesherr das Dorf Leopoldsreut zum Zweck der Grenzsicherung errichten. Überdies sollten die Siedler den nach Böhmen führenden Säumerweg bewachen, was jedoch mit karger Existenz einherging. Das Leben der Bewohner war äußerst beschwerlich, da die unwirtliche Gegend und das ungünstige Klima viele Entbehrungen und harte Arbeit abverlangte. Dem Ort - gelegen zwischen Haidel und Sulzberg - wurde das raue Klima, die kargen Böden und die mühsame Zugänglichkeit in 1108 m Höhe - mit der einstmals höchstgelegenen Schule Deutschlands bzw. der höchstgelegenen Kirche im Bayerischen Wald - letztlich zum Verhängnis. Strenge Winter, die bis zu acht Monaten andauerten schnitten das Dorf oftmals wochen- oder gar monatelang von der Außenwelt ab. Die Böden waren wenig ertragreich, weshalb der Hunger fast ständiger Begleiter war. Erdäpfel galten als wichtigstes Nahrungsmittel, von Obst und Gemüse oder gar Fleisch konnten sie nur träumen. Dass die Existenzkämpfe das Schmuggeln (schwirzen) begünstigte, versteht sich fast von selbst. Einst lebten in Leopoldsreut 150 Menschen. Es gab 20 Bauernhäuser, ein Wirtshaus, Wiesen und Äcker. 

1955 wurde die Schule aufgelöst, deren 5 Kinder den 5 km langen Schulweg nach Bischofsreut auf sich nehmen mussten. Die Menschen trotzten Stürmen, Niederschlägen und Eiseskälte von geradezu sibirischen Ausmaßes. Bedingt durch den harten Überlebenskampf, bei dem die Dorfbewohner über die monatelange Winterzeit häufig ihre Häuser nur übers Dach verlassen konnten, weder fließendes Wasser noch Strom verfügten, und das Wirtschaftswunder in der Nachkriegszeit in dem abgelegenen Ort ausblieb, kehrten immer mehr Leopoldsreuter dem Dorf den Rücken, um sich anderswo eine erfolgsversprechendere Existenz aufzubauen. Als 1963 der Forst verstaatlicht wurde, räumten die letzten verbliebenen Bewohner die Ortschaft. Ihre Anwesen wurden abgerissen und die freien Dorfflächen wieder aufgeforstet. Bis zum völligen Untergang des Dorfes existierte Leopoldsreut auf dem Höhenrücken des Haidelberges 350 Jahre lang. 

Trotz alle dem ist die Erinnerung an Leopoldsreut bis in die heute Zeit lebendig geblieben. So erinnern heute nur noch die Kirche und das Schulhaus an Leopoldsreut, das im 17. Jahrhundert als Mautstation auf dem Goldenen Steig (Salzweg von Bayern nach Böhmen) gegründet worden war. Neuerliche Freilichtspiele lassen das frühere Waldlerleben wieder auferstehen. 

Die Kirche ist dem heiligen Johannes aus Nepomuk geweiht und steht den Menschen tagsüber ständig offen. Ein jeder kann sie betreten und in der abgeschiedenen Stille Platz nehmen, wandeln und meditieren. Ein Blick ins Innere der Sankt-Johannes-Nepomuk-Kirche zu Leopoldsreut (auf 1.108 Meter höchstgelegene Kirche im Bistum Passau und dem Bayerischen Wald) in der Pfarrei Grainet ist sehr aufschlussreich. Eine historische Fotogalerie vermittelt einen authentischen Eindruck über das harte Dorfleben von anno dazumal. Prunkstück der Kirche ist das überlebensgroße Kruzifix, das Fritz Schuster von der „Traimbalken“ der ehemaligen Häuser anfertigte.

Noch heute strahlt das verschwundene Dorf eine faszinierende Aura aus, was dem schnelllebigen Zeitgeist zum Trotz einen geheimnisumwobenen Mythos verleiht.

 Hinter den Gebäudlichkeiten windet sich ein unscheinbarer Pfad zu einem unweit gelegenen Aussichtspunkt mit Rastbänken. Das lauschige Plätzchen bietet Gelegenheit in Ruhe durchzuschnaufen, bevor der Leopoldsreuter Wald verlassen wird.

Energetische Verschnaufpause in der abgeschiedenen Naturlandschaft. Auch ein Grund, ausreichend Zeit einzuplanen. 

Von Leopoldsreut verläuft der feingekieste Waldweg - vorbei an einem Parkplatz - 4.5 km sanft absteigend (80 Tiefenmeter) bis zu einer Spitzkehre kurz vor Bischschofsreut (Teil der Gemeinde Haidmühle) wobei ganz unbemerkt die 1000 er Höhenmarke unterschritten wird. Bis 1978 war Bischofsreut eine selbstständige Gemeinde bzw. ab dem 19. Jahrhundert gehörte der Ort noch zur Gemeinde Leopoldsreut. Doch nach der Forst-Verstaatlichung räumten die letzten Bewohner 1963 die Ortschaft, ihre Anwesen wurden abgerissen und Leopoldsreut - das auf dem Höhenrücken des Haidelberges 350 Jahre lang existierte - ging völlig unter.  

Nachdem die Straße 2130 (Haidmühle-Bischofsreut) nahe Auerbergsreut überquert und der Leopoldsreuter Wald verlassen wird, gibt die baumfreie Hochebene (900 m) die Sicht auf das bergige Umland sowie den Dreisesselberg frei. Der sanfte "Sinkflug" setzt sich auf einer kaum befahrenen Nebenstraße über Theresienreut nach Haidmühle fort. 

In Blickrichtung bietet sich eine wunderschöne Aussicht auf das wuchtige Dreisesselmassiv, dessen Grenzkamm den Bayerischen Wald vom Böhmerwald trennt. Bemerkung: aufmerksame User werden bemerken, dass wir auf dem obigen Foto in entgegensetzter Fahrtrichtung unterwegs waren. 

Die sanfte Gefällstrecke zwischen Auersbergreut über Theresienreut nach Haidmühle verschafft der malträtierten Beinmuskulatur eine wohltuende Auszeit.

Ab dem Rechtsabzweig kurz vor der St. Anna-Kappelle bei Auersbergsreut sinkt auf der abschüssigen Hammerstraße das Höhenlevel auf 830 m Höhe.

3. Streckenteil: Haidmühle → Waldkirchen 26.5 km  • ↑ 118 hm  • ↓ 421 hm (Adalbert-Stifter-Radweg)

In sanftem Gefälle führt die St. 2130 bzw. die Bischofsreuter Straße nach Haidmühle. Nach Überquerung der Kalten Moldau befindet man sich auf der Dreisesselstraße die - vorbei am Rathaus der Gemeinde - ortsauswärts an der Tanstelle vorbei führt, wo kurz danach ein großes Radwegeschild auf den Adalbert-Stifter-Radweg hinweist.

Nachdem die Berge hinter einem liegen und die Beinmuskulatur gehörig strapziert wurde, läuft die Gravelbikeotur im Schlussabschnitt auf dem nivellierten Adalbert-Stifter-Radweg nahezu steigungsfrei aus. Durfte man sich seit dem Haidelgipfel schon über 420 Tiefenmeter freuen, steuert die lange Gefällstrecke des abschüssigen Adalbert-Stifter-Radwegs nach Waldkirchen weitere 421 Tiefenmeter als Fahrspaß-Bonus bei. Dagegen fallen 118 hm kaum ins Gewicht, weil die 2 % Schwelle nicht überschritten wird. Nur final fordert die kleine Anhöhe ins Stadtzentrum Waldkirchen (60 hm) ein wenig Kraftreserven.Dagegen fallen 118 hm kaum ins Gewicht, weil das Steigungsniveau die 2 % Hürde nicht überschreitet. Einzig die Anhöhe ins Stadtzentrum Waldkirchen (60 hm) piesackt zum Schluß das Sitzfleisch bzw. die malträtierten Beine. 

Der familiengeeignete Adalbert-Stifter-Radweg lässt sich auf der wassergebundenen Oberfläche mit Gravelbikes erstklassig befahren. Die Streckenführung wird auch deshalb so angenehm empfunden, weil sie fernab von Verkehrslärm durch ausgedehnte Bergwälder führt und kaum mehr Steigungen aufweist. In Frauenberg wird der Scheitelpunkt der Strecke überquert, von wo es dann fast nur noch bergab geht. Vom Grenzübergang Haidmühle – Stožec/Tusset kommend läuft der Adalbert-Stifter-Radweg bis Jandelsbrunn auf derselben Trasse wie der Donau-Moldau-Radweg.

Graveln in der abwechslungsreichen Mittelgebirgslandschaft des Bayerischen Waldes/Böhmerwaldes, von der einst vor 150 Jahren schon der Weltliterat Adalbert Stifter schwärmte macht einfach Spaß.

Der Schlussabschnitt setzt sich ab Haidmühle auf einer auf der nivellierten Bahntrasse Bahntrasse des Adalbert-Stifter-Radweg nach Waldkirchen fort. Der wassergebundene, stark verdichtete Fahrbahnbelag minimiert spürbar den Rollwiderstand, was entspanntes Kurbeln ermöglicht. Nachdem der Scheitelhochpunkt in Frauenberg an der Europäischen Wasserscheide überschritten ist (872 m) fällt das Höhenniveau bis zum Bahntrassenende in Waldkirchen (511 m) um 361 Tiefenmeter kontinuierlich ab. Wird die sanfte Gefällstrecke mit ihren geschwungenen Kurven selbstvergessen hinab gecruist, darf sich auf ein beschwingtes Flowgefühl freuen. Vor allem an heißeren Sommertagen genießt man in schattenspendenden Waldpassagen und tiefen Geländeeinschitten angenehm kühle Temperaturen. Da der Streckenverlauf gut einsehbar bzw. beschildert ist, braucht man nicht ständig auf's Navi blicken bzw. sich Gedanken über die Wegeführung machen. Das sanft abschüssige Terrain verleitet auf der verkehrsfreien abzuschalten und sich von der Natur inspirieren zu lassen.

Nicht ganz ohne Stolz und mit einem Lächeln auf den Lippen wird der Dreisessel und der Haidel zu Kenntnis genommen, schließlich wurden diese markanten Berggipfel einige Stunden zuvor erfolgreich bezwungen. Gerade weil nach so einer anspruchsvollen Strecke sich eine gewisse Erschöpfung einstellt, wird der harmonisch ausklingende Abschluss umso mehr genossen. Im Wohlfühltempo relaxt dahin rollen, achtsam die Umgebung wahrnehmen steigert den Fahrgenuss, bei dem das Ziel wie von selbst zugeflogen kommt.

Rastplatz "Jogl-Kneippanlage" am Mirasatbach 

Ganz nach dem Motto "Das Beste kommt zum Schluss" ist Wassertreten in dem kalten Fließgewässer des Mirasatbachs für malträtierte Radlerfüße die reinste Wohltat.

Kurz nach Haidmühle erwartet Radfahrer ein echter Gesundheitsknüller. Der eiskalte Mirasatbach speist hier die Kneippanlage Jogl und sorgt nicht nur für ein abwechslungsreiches Vergnügen sondern macht müde Beine wieder munter. Kneippen regt -  in dem Kaltwasserbecken nicht nur den Kreislauf und den Stoffwechsel an bzw. fördert die Durchblutung - sondern stärkt dazu auch das Immunsystem. Darüber hinaus wirkt die Methode ganzheitlich, d.h. Körper, Kopf und Seele kommen in Einklang. Eine wahre Wohltat, die für ausgemergelte Radfahrer wie gerufen kommt.  

Im Wasser liegt das Heil; es ist das einfachste, wohlfeilste und - recht angewandt - das sicherste Heilmittel (Sebastian Kneipp). 

Nach erfrischender Wellness-Pause geht's mit Frohgemut und Elan weiter. Auf der Kuppe mündet der Zufahrtsweg in den Adalbert-Stifter-Radweg ein (links nach Haidmühle, rechts Richtung Waldkirchen). 

Alte Rundbogenbrücken erinnern an die nostalgische Eisenbahnerzeit. 

Mit jedem Kurbeltritt rückt die Waldkirchen formatfüllender ins Blickfeld und zoomt die Silhouette Stadt immer größer auf. Die weithin sichtbar dominierende Stadtpfarrkirche der katholischen Pfarrei St. Peter und Paul wird gemeinhin auch als "Bayerwald-Dom" bezeichnet.

Sobald die nivellierte Bahntrasse verlassen wird ist Muskelkraft auf dem ersten Anstieg des Tages gefordert. Vorbei an der historischen Ringmauer schraubt sich die Ringmauernstraße über Serpentinen knapp 60 Höhenmeter auf die Bergkuppe (5% Steigung) zum Stadtzentrum Waldkirchen hinauf. 

Zielort Waldkirchen

Foto: Zielort Waldkirchen

Waldkirchen - die einwohnerstärkste und jüngste Stadt im niederbayerischen Landkreis Freyung-Grafenau - ist sicher nicht der Nabel der Welt, aber sehr wohl ein idealer Ausgangsort für Rad- MTB- und Gravelbiketouren ohne Tourismusrummel. Die historische Salzsäumerstadt liegt am Goldenen Steig und zählt heute 11.143 Einwohner (31. Dez. 2022). Am Stadtplatz reihen sich Straßen-Cafes, Eisdielen und Gaststätten mit Freisitzen aneinander, die für's leibliche Wohl sorgen. Das Tourismusbüro Waldkirchen befindet sich am Marktplatz 17. 

Nach der kräftezehrenden Tour ist die Zeit reif den Tag mit einem deftigen Mahl wie z.B. einen richtig guaden Schweinsbraten ausklingen zu lassen bzw. sich im Erlebnisbad - dem Karoli-Badepark zu vergnügen (Frei- und Hallenbad, Mediterraneum, Saunawelt).

Sehenswürdigkeiten

  • Auswanderermuseum im Emerenz Meier Haus
  • Museum Goldener Steig
  • Pfarrkirche St. Peter und Paul
  • Schnapsmuseum und Schaubrennerei
  • Karoli-Kapelle, Saußbachklamm
  • Karoli-Badepark
  • Kurpark Erlauzwieseler See
  • Radabweiser-Figuren am Marktplatz