Wegesperrungen und Beachtlichkeit von Verbotsschildern für Mountainbiker

Das Thema Wegesperrungen und Beachtlichkeit von Verbotsschildern ist bei Mountainbikern - aber auch bei Grundstückseigentümern, Behörden und nicht zuletzt in den Medien in aller Munde. 

Auf Anfrage zum Thema Wegesperrungen und Beachtlichkeit von Verbotsschildern ging eine schriftliche Stellungnahme - in enger Abstimmung mit Vorstandsmitglied Roland Albrecht - von Sonja Schreiter, der DIMB-Fachberatung (Deutsche Initiative Mountainbike e.V.) ein. Zur Erläuterung der Zuständigkeitsbereiche: Sonja Schreiter ist für Bayern  - wo die geänderten Vollzugshinweise intensive Diskussionen hervorrufen - sowie die neuen Bundesländer zuständig, während Roland Albrecht für den Rest von Deutschland als Ansprechpartner für Politik und Verbände agiert.

Der Form halber sei darauf hingewiesen, dass die geäußerten Aussagen keine Rechtsverbindlichkeit besitzen, sondern lediglich die Auffassung und Einschätzung des Verbandes widerspiegelt.

Kommentar im Wortlaut:

"Generell gibt es keine gesetzliche Gestaltungsvorschrift für Sperrschilder. Das Schild muss lediglich laut BayNatSchG auf den gesetzlichen Grund der Sperrung verweisen. Dieser gesetzliche Grund sollte natürlich auch tatsächlich vorliegen. Dass z.B. ein Weg als zum Radfahren ungeeignet bezeichnet wird, ist kein ausreichender Grund für eine Sperrung. Ein solches Schild wäre dementsprechend unbeachtlich und steht lediglich potenziell konfliktträchtig in der Landschaft. Die Sperrung eines tatsächlich öffentlichen Weges, der tatsächlich befahren und begangen wird - also auf dem ein öffentlicher Verkehr stattfindet - obliegt der Straßenverkehrsbehörde und bedarf einer verkehrsrechtlichen Anordnung. Die würden dann das Verkehrszeichen 254 "Radfahren verboten" aufstellen. Das wäre dementsprechend beachtlich. Nur weil in den geänderten Vollzugshinweisen zum BayNatSchG der Versuch unternommen wurde die Eignung von Wegen zum Radfahren mit beispielhaften Kriterien zu definieren, hat sich die Rechtslage nicht geändert".

Bild: Verbotsschild im Landkreis Regensburg am "Ho Chi Minh Pfad". Die DIMB hat Kenntnis von etlichen Sperrungen in Bayern - u.a. auch rund um Regensburg, die bei der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) angezeigt wurden. Die DIMB tritt hier vermittelnd auf und macht sich für das Befahren und die gemeinsame, respektvolle Benutzung aller Wege stark. Parallel dazu laufen über den Runden Tisch hinaus auch Gespräche mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.

Was wohl nicht allen Mountainbikern bekannt sein dürfte: (Radsport-) Vereinsmitglieder sind automatisch mittelbares Mitglied in der DIMB, sofern ihr Verein bei diesem Interessensverband selbst Mitglied ist. Damit bleiben die Interessen der Mountainbiker gewahrt, ohne dass ein gesonderter Mitgliedsbeitrag fällig ist. Wer die DIMB in Ihrer Arbeit unterstützen möchte, tut dies am besten mit einer eigenen Mitgliedschaft. Weitere Infos findet Ihr hier: https://www.dimb.de/mitgliedschaft/mitglied-werden/

 Beachtlichkeit von Verbotsschildern (Art. 27 Abs. 3, Satz 3 BayNatSchG) 

Art. 27

Betretungsrecht; Gemeingebrauch an Gewässern

(1) Alle Teile der freien Natur, insbesondere Wald, Bergweide, Fels, Ödungen, Brachflächen, Auen, Uferstreifen und landwirtschaftlich genutzte Flächen, können von jedermann unentgeltlich betreten werden.

(2) 1Das Betretungsrecht umfasst auch die Befugnisse nach Art. 28 und 29. 2Es ist beschränkt durch die allgemeinen Gesetze sowie durch Art. 30 bis 32 dieses Gesetzes.

(3) 1Das Betretungsrecht kann von Grundeigentümern oder sonstigen Berechtigten nur unter den Voraussetzungen des Art. 33 verweigert werden. 2Das Betretungsrecht kann nicht ausgeübt werden, soweit Grundeigentümer oder sonstige Berechtigte das Betreten ihres Grundstücks durch für die Allgemeinheit geltende, deutlich sichtbare Sperren, insbesondere durch Einfriedungen, andere tatsächliche Hindernisse oder Beschilderungen untersagt haben. 3Beschilderungen sind jedoch nur wirksam, wenn sie auf einen gesetzlichen Grund hinweisen, der eine Beschränkung des Betretungsrechts rechtfertigt.

(4) 1Der Gemeingebrauch an Gewässern bestimmt sich nach § 25 des Wasserhaushaltsgesetzes und Art. 18 des Bayerischen Wassergesetzes. 2Der Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen bestimmt sich nach Art. 14 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes sowie § 7 des Bundesfernstraßengesetzes.

BIKE Interview

Rückblick

Das bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hatte am 16.12.2020 geänderte Verwaltungsvorschriften zum Betretungsrecht für das Bayerische Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) erlassen. Die Vollzugsbekanntmachung trat am selben Tag in Kraft, welche sich schwerpunktmäßig auf das Betretungsrecht für Radfahrer in der Natur im Allgemeinen und die Wegeeignung für Mountainbiker im Besonderen bezieht. Das Betretungsrecht (Umfang und Inhalt des Rechts auf Naturgenuss) ist in Art. 26 ff. des Bayerischen Naturschutzgesetzes - Teil 6 „Erholung in der freien Natur“ - geregelt. Die Verwaltungsvorschrift ist eine Dienstanweisung für Behörden und entfaltet daher für sich genommen keine Außenwirkung.

Wenngleich die Anwendung der Verwaltungsvorschrift das geltende Betretungsrecht fundamental zu beschneiden versucht, haben sich ursprüngliche Befürchtungen bzw. Horrorszenarien von flächendeckenden Wegesperrungen bislang nicht bestätigt. Seit Inkrafttreten der geänderten Verwaltungsvorschriften wurden der DIMB (Deutsche Initiative Mountainibke e.V.) aktuell in Bayern 50 Verbotsschilder gemeldet (Stand August 2022), wovon ¾ den zuständigen Unteren Naturschutzbehörde nicht angezeigt waren. Angesichts von 71 Landkreisen in Bayern sind knapp über 10 angemeldeten Sperrungen nicht viel. Umso ärgerlicher sind daher die bereits formal rechtswidrig aufgestellten Verbotsschilder. Für deren Beachtlichkeit spielt dieser Rechtsmangel jedoch keine Rolle. 

Deshalb rät die DIMB davon ab, eigeninitiativ bei der UNB nachzufragen, ob ein Schild angezeigt wurde. Eine (nicht stichhaltige) Argumentation oder gar emotional behaftete Diskussion mag wohl mehr schaden denn nützen. Außerdem könnte sich die Ausgangslage für den Biker verschlechtern, weil ihm vorsätzliches Handeln nachgewiesen werden kann, sobald er zu einem späteren Zeitpunkt das Verbot missachtet, da er über die Wegesperrung durch Meldung an die UNB Bescheid wusste. Deshalb empfiehlt die DIMB, Verbotsschilder dem Verband bzw. der örtlichen IG (Interessensgemeinschaft) zu melden, die den Fall fachkundig und fundiert analysiert, und erforderlichenfalls mit Besonnenheit die entsprechenden Schritte einleitet. So gesehen agiert die DIMB als Koordinator bzw. Vermittler zwischen den Akteuren, wie bspw. (Wald-) Grundstückseigentümer, forstwirtschaftlichen Betrieben, Jägern sowie Naturnutzern wie Mountainbiker und Wanderer, die den Wald bzw. die Natur jeweils für ihre Freizeitzwecke zur Erholung oder sportlichen Aktivität nutzen.

Anstatt auf Schuldzuweisungen – sprich (eskalierenden) Konfrontationskurs zu setzen der unversöhnliche Fronten schafft - sollten alle Beteiligte im Dialog einen Konsens anstreben. 

Der DIMB kommt zu Gute, dass sich in Bayern zahlreiche neue DIMB IGen gegründet haben, so dass der Verband flächendeckend im Freistaat aktiv werden kann wo Konfliktpotential besteht. 128.000 Mitglieder - davon 120.000 mittelbare Mitglieder über Vereine – geben der DIMB ein gewichtiges Mitspracherecht gegenüber der Politik und den Kommunen. Dem Interessensverband - ausgestattet mit hoher Fachkompetenz - ist es zu verdanken, dass zahlreiche Radfahrverbote abgewendet bzw. Verbotsschilder entfernt werden konnten, ohne den Rechtsweg beschreiten zu müssen. Die Gelegenheit für eine Art "Musterklage" hat sich daher bislang noch nicht ergeben.

DIMB - Trailrules